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Von Sukarno zu Suharto?

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Der endgültige Abgang Sukarnos ist eigentlich eine natürliche Entwicklung der indonesischen Politik nach dem Ereignis des 30. Septembei 1965. Was uns jetzt besonders interessiert, ist hauptsächlich der innen-und außenpolitische Kurs des neuer Machthabers. Am 7. März wird nämlich der neue Staatspräsident dei Republik Indonesien durch die Volksversammlung gewählt werden.

Es besteht kein Zweifel, daß General Suharto, der bisherige „starke Mann“ des Landes, der die militärische Macht schon seit langem in der Hand hatte und dem die politische Macht auch im letzten Monal von Sukarno formell übertragen wurde, eine große Chance hat, als Staatspräsident gewählt zu werden, Doch ist er ein General, kein Politiker; ob er das Ruder dieses ramponierten Schiffes gut steuern würde, falls er Staatspräsident werden sollte, muß der Zukunft überlassen bleiben. Unter den in Frage kommenden Kandidaten hat General Nasution natürlich auch die Möglichkeit, gerwählt zu werden, obwohl er über kein allzu großes Prestige verfügt. Dr. Muhammed Hatta, eigentlich ein geeigneter Mann, hat insofern wenig Aussicht, weil er in den verschiedenen politischen Kreisen zu viele Feinde hat. Mangku Buwono, der Sultan von DjokdJakarta, könnte eventuell auch zum Staatspräsidenten gewählt werden. Doch ist eine Prophezeiung zu diesem Thema angesichts der komplizierten politischen Lage Indonesiens ziemlich abenteuerlich. Es könnte nämlich auch ein Mann zum Präsidenten gewählt werden, der uns bisher ziemlich unbekannt war und später bei ler Ausübung der Staatsgewalt auch lur nominell als Staatsoberhaupt Eungiert.

Eine Analyse der politischen Kräfte Indonesiens nach dem Untung-Putsch wird uns zur Klärung der politischen Entwicklung — wie sie jetzt auch aussehen mag — sehr nützlich sein.

Es gibt in Indonesien zur Zeit drei roße politische Gruppierungen, die lurch die gewaltigen Umwälzungen seit Ende 1965 noch mehr konzen-;riert wurden.

Die erste politische Gruppierung Desteht aus den extremen Linken, larunter PKI und CGMI. Obwohl nehr als 300.000 Kommunisten und Mitläufer blutig niedergemetzelt wurden, sind sie bis heute ein nicht :u unterschätzender politischer Fak-;or geblieben. Sie wollen einen üuerillakrieg nach rotchinesischem Rezept durchführen. In den indone-;ischen Streitkräften verbergen sich loch linksgerichtete Elemente, die hr wahres Gesicht noch nicht gezeigt haben und ihre Kräfte für den geeigneten Zeitpunkt in der Zukunft aufbewahren. Dem Bericht eines indonesischen Militärorgans nach wurde der Bürgermeister von Madiun, einer Stadt in Ostjava, vor kurzem von PKI-Leuten öffentlich gekidnappt. Im November vergangenen Jahres erschien sogar in Dja-karta eine Kundmachung der „Vereinigung der Indonesischen Studenten auf dem Chinesischen Festland“ mit folgendem Wortlaut: „Nach dem Staatsstreich vergangenen Jahres ist bereits ein Jahr vergangen. Die PKI sammelt zur Zeit ihre Kräfte... Die revolutionären und demokratischen Kräfte bieten heute alles auf, um gegen das diktatorische Militär vorzugehen. Unter der Führung der PKI wurde eine bewaffnete Truppe organisiert.“

Einer Rundfunksendung der „Voice of Indonesia“ nach sollen rund 700 indonesische Studenten politisches Asyl in Peking erhalten haben. Diese PKI-Anhänger außerhalb des Landes bemühen sich nun, einen „politischen Guerillakrieg“ im Ausland gegen das neue Regime Indonesiens anzufangen, und zwar nach der Theorie Maos. Auch im Inland sind die Linken unter der Tarnung von „Barisan Sukarno“ (Sukarno-Verband) sehr aktiv. Sie schlagen — besonders nach der Absetzung Sukarnos — einen „Pro-Sukarno-Kurs“ ein und versuchen die Staatsidee Pantja-sila für ihre eigenen Zwecke zu interpretieren, obwohl sie selbst keinerlei klare politische Idee haben.

2. Juristisch — für einen Rechtsstaat.

3. Wirtschaftlich — für einen intensiven Aufbau des Landes.

4. Politisch — für die Staatsiidee Pantjasila, jedoch ohne Nasakom (hierzu: keine der politischen Parteien Indonesiens wagt gegen die Pantjasila aufzutreten, da sich die ganze Revolution Indonesiens seit 1945 praktisch in der Pantjasila verkörpert).

Im Jahre 1966 ist in Indonesien ein neues politisches Zentrum unter der Bezeichnung „Angkatan 66“ (Kräfte 66) entstanden, das aus der oben erwähnten dritten politischen Gruppierung besteht, jedoch ohne eine feste Organisation. Tatsächlich erfüllte diese „Angkatan 66“ in der Absetzung Sukarnos eine entscheidende Aufgabe, da sie seit 1966 ständig und energisch forderte, daß Sukarno für die Rebellion der PKI, für den Bankrott der indonesischen Wirtschaft und für die Demoralisierung des „Volkes“ (Korruption, Vergnügungssucht, Verantwortungslosigkeit und Hoffnungslosigkeit) Rechnung tragen soll. Sukarno sei daher unbedingt zu entfernen, und sie haben es erreicht. In dieser Hinsicht stimmt die Linie von „Angkatan 66“ mit jener der extremen Rechtsgerichteten völlig überein.

„Das größte Massaker seit Hitler“

Die letzteren behaupteten seit dem Gestapu-Putsch vom November 1965, Sukarno sei von Subandrio, Chairul Saleh und Aidit mit allen erdenklichen Mitteln geschmeichelt wordein, und er wäre nichts anderes als eine Marionette der pekinghörigen PKI und ihrer Komplizen. Deshalb ist die Absetzung Sukarnos voll und ganz erforderlich. Die blutige Schächterei, wobei „das größte Massaker seit Hitler“ verübt wurde, geht hauptsächlich auf das Konto dieser extremen Rechtsgerichteten. Die „Angkatan 66“ benützte dagegen eine viel bessere Methode. Außer politischen Demonstrationen, als die übliche Form, organisierte diese auch überall eine Art von Volksseminaren. Unter dem Motto „Turun kebawah“ (Gehe nach unten) und von der Kami organisiert, suchte die „Angkatan 66“ Unterstützung direkt vom Volk. Die indonesischen Studenten gingen jeweils sechs Monate aufs Land, um ihre politische Idee in ganz Indonesien zu propagieren und eine Atmosphäre zugunsten der Absetzung Sukarnos zu schaffen.

Eine Annahme, die PKI sei bereits völlig zerschlagen worden, ist daher eher naiv als optimistisch. Die innerlichen Auseinandersetzungen Indonesiens sind zur Zeit bereits in das Ausland übertragen worden. Die Studenten Indonesiens im Ausland, die in der Politik Indonesiens traditionell eine sehr große Rolle spielen, sind nämlich gespalten worden. So die indonesischen Studenten in Europa, obwohl sie im April 1966 in Paris und im August desselben Jahres in Bern Konferenzen einberiefen, um ihre Gegensätze zu beseitigen, sind sie nun in zwei gegeneinander kämpfende PPI (Studentenorganisation) zerfallen. Zur Zeit bestehen in Europa zwei „Badan Kordinasi“ (Koordinierungskörperschaften), eine linksgerichtete in Prag und eine andere in Bern. In Budapest, Bukarest und Prag gibt es zwei Organisationen, die jeweils für die Prager und Berner Hauptquartiere sind. In Sofia gibt es nur eine linksgerichtete und in Wien eine rechtsgerichtete. Die prokommunistischen Studenten Indonesiens in Europa haben gute Kontakte über Prag und Moskau zu' ihren Kameraden in Peking.

Was wird aus Indonesien? Vielleicht ist es aus der Haltung seiner Studenten im Ausland ersichtlich.

„Die Hauptrollenträger“

Die zweite politische Gruppierung ist die der äußersten Rechtsgerichteten, unter ihnen Elemente der ehemaligen Masjumi, TU, DI, Permesta und PRII. Sie fordern eine extrem rechtsgerichtete Politik und einen Islamstaat; sie bezeichnen die Handlungen Suhartos als zu schwach.

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