Hochsaison für Überflieger

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Weiterbildung steht hoch im Kurs: bei Wissensdurstigen, bei (privaten) Bildungsinstitutionen - und bei Österreichs Wirtschaft, die nach Fachkräften lechzt

Die Alpbacher Wirtschaftsgespräche sind gerade erst verstummt, und schon dreht es sich wieder um die Weiterbildung. Konkret beim Prater-Lernfest, wo das Wiener Riesenrad am 15. September zum Flaggschiff des lebenslangen Lernens mutieren und Neugierige gratis in den siebten Bildungshimmel hieven soll. Nicht das Wiener Panorama, sondern Einrichtungen der Erwachsenenbildung sind an diesem Samstag in den Gondeln zu erkunden; nicht Zuckerwatte oder Geisterbahn, sondern Themen wie Sprachen, Persönlichkeitsbildung, EDV und berufliche Weiterbildung stehen rund um das Riesenrad im Mittelpunkt.

Das etwas andere Praterspektakel ist der Auftakt zu den Info-Tagen zur Weiterbildung, die bereits zum dritten Mal im gesamten Bundesgebiet über die Bühne gehen: Vom 17. bis zum 22. September sollen Herrn und Frau Österreicher die Vorzüge des "lifelong learning" ans Herz gelegt werden. Wurden im Vorjahr noch 476 Veranstaltungen geboten, so sind heuer 650 Events zu erwarten (Infos unter www.erwachsenenbildung.at).

Wissen im Wandel

Bei ihrem Aufruf zu stetem Streben hat Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) nicht nur die intellektuelle Verfassung der Bevölkerung, sondern auch jene der Wirtschaft im Blick. Die Halbwertszeit des Wissens verkürze sich dramatisch, rechnet Gehrer vor: "Das Wissen im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich verdoppelt sich alle vier Jahre. Berufliches Fachwissen veraltet in fünf Jahren, technologisches Fachwissen in drei Jahren und EDV-Fachwissen in einem Jahr." Da eine gut funktionierende Wirtschaft hoch qualifiziertes Personal benötige, komme der Fort- und Weiterbildung eine wachsende Bedeutung zu. Zumal in Zeiten des Fachkräftemangels: 17.600 Personen, davon 7.400 IT-Spezialisten, werden hierzulande wahrscheinlich im Jahr 2002 fehlen. Nicht nur die Wirtschaft hat ein existenzielles Interesse an Aus- und Weiterbildung, auch die Arbeitnehmer, weiß Beate Sprenger vom Arbeitsmarktservice (AMS): "Insgesamt 80 Prozent der Arbeitslosen haben nur einen Pflichtschul- oder Lehrabschluss."

Dabei ist es um den heimischen Weiterbildungswillen laut einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts Fessel-GfK gar nicht schlecht bestellt: 60 Prozent der über 15-jährigen Österreicherinnen und Österreicher fassen den Plan ins Auge, sich noch schlauer zu machen. Oft hapert es allerdings an der Umsetzung: Nur die Hälfte davon wagt tatsächlich den Sprung in das Neuland des Wissens. Die Info-Tage soll demnach vor allem die "Lust am Lernen" wecken, betont Gehrer. Angesprochen seien Menschen jeder Altersgruppe, vor allem aber Senioren.

Nicht nur im Prater grassiert das herbstliche Weiterbildungsfieber. Mit großflächigen, grünen Plakaten werden "WIFE" geködert, AK-Bildungstausender in Aussicht gestellt, Sprachdiplome feilgeboten. Auch das diesjährige "Europäische Jahr der Sprachen" geht in die nächste Runde. Zeitgleich zu den Info-Tagen zieht ein Tross von Artisten, Musikern, Sprachlehrern und Beratern von Eisenstadt über Graz und St. Pölten bis nach Wien. Ihr Ziel: auf einem "Marktplatz der Sprachen" den Passanten Lust zu machen auf den Fremdspracherwerb (Näheres unter www.erwachsenenbildung.at).

Österreich - ein Land der Bildungswütigen? Fast scheint es so. Egal ob Sprach- oder Computerkurs, Manager-College oder Stimmtraining: der heimische Bildungsmarkt boomt. Immer mehr private Anbieter machen Institutionen wie bfi, WIFI und Volkshochschulen Konkurrenz. Mehr als 33 Milliarden Schilling (2,4 Milliarden Euro) fließen nach Daten des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) österreichweit jährlich in Weiterbildung. So groß die Summe ist - sie reicht nicht aus. Aus Sicht der OECD besteht in Österreich noch eine Lücke von 15 Milliarden Schilling für Erwachsenenbildung. Entsprechend heftig forderte der Präsident der Industriellenvereinigung, Peter Mitterbauer, in Alpbach von der Regierung die angekündigte Fortbildungsoffensive ein: Der Anteil der Weiterbildung an den Gesamtausgaben für Bildung müsse bis 2005 von fünf auf zehn Prozent verdoppelt werden.

Forderungen, angesichts derer man im Bildungsministerium auf andere Zuständigkeiten verweist: "Dazu bräuchten wir zusätzliche Budgetmittel", betont Sektionschef Heinz Gruber. Ein Ziel werde man aber sehr wohl verfolgen: Am Weiterbildungsmarkt die Spreu vom Weizen zu trennen. Noch gäbe es keine Qualitätssicherungsgarantie, doch hätten einzelne Bundesländer wie Oberösterreich Gütesiegel eingeführt. Wenn schon nicht die Qualität, so soll wenigstens das Angebot überschaubar werden: Seit März listet die Metasuchmaschine www.eduvista.com sämtliche Angebote von 50 Bildungsinstitutionen auf.

So bunt sich das Weiterbildungsangebot ausnimmt - die Trends sind unbestritten: Das meiste Interesse wird nach Fessel-GfK dem Bereich Informatik entgegengebracht (48 Prozent), dahinter tummeln sich berufliches Fachwissen (36 Prozent) und Sprachen (35 Prozent). Trends, die von den Leitern der größten heimischen Bildungsinstitutionen bestätigt werden. "Vor allem kompakte Lehrgänge wie der IT-Expert boomen", so Mi-chael Sturm, Geschäftsführer des bfi, das im Vorjahr insgesamt 150.000 Teilnahmen (plus 14 Prozent) verzeichnen konnte. Ähnlich klingt es aus dem Mund des Institutsleiters von WIFI-Österreich, Michael Landertshammer: "Alles was mit IT zusammenhängt, boomt. Auch die Sprachen legen zu." 300.000 Teilnahmen (plus 5 Prozent) konnte man hier letztes Jahr registrieren. Und noch ein Trend wird geortet: Frauen haben mit rund 70 Prozent der Kursteilnahmen klar die Nase vorn.

Zankapfel Förderung

Bereits jetzt werden im Rahmen der Aktion "AK Plus" in Oberösterreich, Niederösterreich, Vorarlberg, Kärnten und Tirol Bildungsschecks über 1.000 Schilling verteilt. AK-Mitglieder erhalten damit bei bfi und Volkshochschulen maximal 50 Prozent der Kosten - bevorzugt für Computer- und Sprachkurse - rückvergütet. Ab 2002 wird dieser Betrag auf 100 Euro aufgerundet und auch von Wien und dem Burgenland vergeben. Dieses System der subjektbezogenen Förderung stößt bei WIFI-Chef Landertshammer auf prinzipielle Zustimmung. Allerdings sollten solche Bildungsschecks von Bund und Ländern gemeinsam finanziert und institutsunabhängig - auch im Ausland - eingelöst werden können.

Die Zukunft für berufliche Weiterbildung ist also rosig - im Gegensatz zu jener für Allgemeinbildung, klagt Robert Streibel, Direktor der VHS Wien-Hietzing. Noch im Vorjahr waren die Volkshochschulen mit österreichweit 500.000 Veranstaltungsteilnahmen gesegnet. Doch mit gestützten, allgemeinbildenden Kursen ist es durch das neue AK-Fördersystem ab 2002 vorbei. Hier hilft, so Streibel, nur Innovation: "Im kommenden Semes-ter bieten wir etwas besonderes an - einen Crashkurs für Heiligenkunde."

Infos zur Weiterbildung:

www.lebenslangeslernen.at, www.vhs.at,

www.wifi.at, www.bfi.at, www.kath-eb.at

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