Eine Kapelle für Agnostiker und Gläubige
Die Sacher.Locicero.Architectes mit Sitz in Wien und Paris haben mit der Familienkapelle "Maria Magdalena" ein kleines Juwel am Zollfeld in Kärnten geschaffen und beispielhaft gezeigt, wie Architektur gleichzeitig funktional und transzendent sein kann.
Die Sacher.Locicero.Architectes mit Sitz in Wien und Paris haben mit der Familienkapelle "Maria Magdalena" ein kleines Juwel am Zollfeld in Kärnten geschaffen und beispielhaft gezeigt, wie Architektur gleichzeitig funktional und transzendent sein kann.
Eine Kapelle, wie sie nicht eindeutiger sein könnte - klein, hohes Satteldach, klarer Körper, Kreuz -und doch hat diese Architektur nichts Gewöhnliches, sondern sie ist aufregend und doch auch kontemplativ. Das mag durch den Verzicht auf jegliche "modernistische" Spielerei in der Ausdrucksform zustande kommen. Weit über die sanft hügelige Landschaft mit den Weinfeldern hinweg ist die reinweiße Form sichtbar.
Liebe Leserin, lieber Leser,
diesen Text stellen wir Ihnen kostenlos zur Verfügung. Im FURCHE‐Navigator finden Sie tausende Artikel zu mehreren Jahrzehnten Zeitgeschichte. Neugierig? Am schnellsten kommen Sie hier zu Ihrem Abo – gratis oder gerne auch bezahlt.
Herzlichen Dank, Ihre Doris Helmberger‐Fleckl (Chefredakteurin)
diesen Text stellen wir Ihnen kostenlos zur Verfügung. Im FURCHE‐Navigator finden Sie tausende Artikel zu mehreren Jahrzehnten Zeitgeschichte. Neugierig? Am schnellsten kommen Sie hier zu Ihrem Abo – gratis oder gerne auch bezahlt.
Herzlichen Dank, Ihre Doris Helmberger‐Fleckl (Chefredakteurin)
Man nimmt ihn, durch die schlanke hohe Dachform eindeutig als sakralen Bau, als Kapelle wahr. Die Proportionen sind wohltuend ausgewogen, auf dem "Goldenen Schnitt" Leonardo da Vincis aufbauend, der Körper ist auf das Notwendigste reduziert, die beiden Stirnseiten fehlen -sie sind durch Glaswände ersetzt. Ein Bronzekreuz des tschechischen Künstlers Jaromir Gargulak steht in der Gebäudeachse einige Meter vor der Kapelle.
Ein beruhigender Blick
Erst bei der Annäherung an die Architektur zeigen sich auch die skulpturalen Elemente des Körpers aus perfekt geschaltem Weißbeton. In den Seitenwänden -mit einer konstruktiven Stärke von ca. 30 cm -und im 7,80 m hohen Dach sind jeweils drei Fensterschlitze eingeschnitten. Die Verglasung der Öffnungen ist vom Kärntner Künstler Karl-Heinz Simonitsch gestaltet und stellt die Schöpfungsgeschichte dar. Die die Öffnungen vergrößernden Schrägen sind so angelegt, dass jeweils morgens und abends möglichst viel Sonnenlicht auf die farbigen Gläser trifft. Ein massives Doppelflügeltor aus handgeschlagener Bronze (ebenfalls von Gargulak gestaltet) an der, dem Vorplatz zugewandten, ansonsten klar verglasten Westseite kann weit geöffnet werden und ermöglicht die Einbeziehung des Vorplatzes, um bei Feiern mit vielen Gästen ausreichend Platz zu haben.
Im Inneren der Kapelle blenden die weißen Wände einen Großteil der umgebenden Kulturlandschaft aus, die freien, verglasten Schmalseiten ermöglichen einen sehr beruhigenden Blick in die (noch) unverbaute Natur. Den Horizont bildet der Magdalensberg mit seiner Wallfahrtskirche. Man hat das Gefühl, die Landschaft, die Schöpfung fließt durch den Raum hindurch, eine Verbindung mit der Unendlichkeit kann entstehen. Solcherart bietet sich die Möglichkeit der Kontemplation, Meditation und Besinnung -etwas, das nicht oft in modernen Sakralbauten zu finden ist.
Die innere Gestaltung ist betont schlicht und puristisch gehalten. Das Weiß der Wände zieht sich in den hellen, travertinfarbenen Steinboden hinein. Mit entsprechendem, historischen Wissen lässt sich das als Zitat an den, für die Säulen des Petersplatzes in Rom verwendeten Stein verstehen. Auf jeden Fall entsteht so eine warme Grundstimmung. Eine einzige Stufe markiert im Kapellenschiff den Übergang zum Chor. Hier sind in den Wänden rechteckige Nischen eingelassen: Rechts befindet sich eine größere Nische, die als Standplatz für die namensgebende Maria-Magdalena-Statue dient, auf der linken Seite zwölf kleine Urnennischen. Als eventuelle Sitzmöblierung dienen herunterklappbare Bänke aus weiß gekalkter Eiche -sie verschwinden bündig in den Betonflächen der linken Seitenwand.
Schlichte Formensprache
Ob man nun Techniker, Architekturfan, Agnostiker oder Gläubiger ist, man kommt an dieser Kapelle nicht ohne Weiteres vorbei. Sie fällt auf! Die Formensprache ist eindeutig, schlicht und ohne prätentiöse Attribute. Die perfekte handwerkliche Ausführung verdient auch einiges Lob: Ein selbstverdichtender Beton (SCC Beton), der eine erheblich weichere Konsistenz als herkömmlicher Rüttelbeton aufweist, wurde verwendet. Er entlüftet selbsttätig durch die Wirkung der Schwerkraft und weist ein extrem gutes Fließverhalten auf. Eine aufwendig hergestellte Konstruktion aus Stahlträgern ermöglichte eine Schalungskonstruktion, welche die schalankerfreie homogene durchgehende weiße Betonkapelle ergab. Und mit ihrem strahlenden Weiß in der Landschaft zieht sie den Vorbeikommenden an und in sich hinein.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!