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Sachliches Gespräch

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Das Institut für Sozialpolitik und Sozialreform beschäftigte sich in seiner jüngsten gewerk- schaftskundlichen Tagung mit einer Idee, die von den Vertretern der christlich-sozialen Tradition als Beitrag für eine Milderung und Entgiftung der sozialen Spannungen angesehen wird, von den Vertretern des sozialdemokratischen Lagers aber bisher mehr oder minder heftig abgelehnt wurde, dem Miteigentum an den Produktionsmitteln. Das Thema der unter dem Vorsitz von Univ.-Prof. Dr. August Knoll stehenden Tagung lautete: „Das Miteigentum als Ordnungsfaktor der modernen Industriegesellschaft.“ Der erste Tag brachte interessante und aufschlußreiche Referate zweier Gäste aus der Bundesrepublik Deutschland: Dr. S. Herrmann aus Wiesbaden referierte über Entwicklung und Formen des Miteigentums im europäischen und überseeischen Ausland, und Dr. Rupprecht D i 11 m a r von der Deutschen Angestelltengewerkschaft aus Hamburg sprach über „Die Diskussion über das Miteigentum in der Bundesrepublik Deutschland“.

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Das Institut für Sozialpolitik und Sozialreform beschäftigte sich in seiner jüngsten gewerk- schaftskundlichen Tagung mit einer Idee, die von den Vertretern der christlich-sozialen Tradition als Beitrag für eine Milderung und Entgiftung der sozialen Spannungen angesehen wird, von den Vertretern des sozialdemokratischen Lagers aber bisher mehr oder minder heftig abgelehnt wurde, dem Miteigentum an den Produktionsmitteln. Das Thema der unter dem Vorsitz von Univ.-Prof. Dr. August Knoll stehenden Tagung lautete: „Das Miteigentum als Ordnungsfaktor der modernen Industriegesellschaft.“ Der erste Tag brachte interessante und aufschlußreiche Referate zweier Gäste aus der Bundesrepublik Deutschland: Dr. S. Herrmann aus Wiesbaden referierte über Entwicklung und Formen des Miteigentums im europäischen und überseeischen Ausland, und Dr. Rupprecht D i 11 m a r von der Deutschen Angestelltengewerkschaft aus Hamburg sprach über „Die Diskussion über das Miteigentum in der Bundesrepublik Deutschland“.

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Der zweite Tag war für den Stand der Diskussion über die Frage des Miteigentums in Oesterreich überaus aufschlußreich. Die Abgeordneten zum Nationalrat Friedrich Hillegeist und Dr. Karl Kummer sprachen über ..Miteigentum und Mitbestimmung“.

Der sozialistische Gewerkschafter Friedrich Hillegeist wandte sich in seinen Ausführungen entschieden dagegen, im Miteigentum einen Weg zur Lösung der sozialen Frage zu sehen. Er verfiel, ebenso wie in der anschließenden Diskussion die sozialistischen Diskussionsredner, in den Fehler, dem Miteigentum an den Produktionsmitteln eine Funktion zuzuschreiben, die es gar nicht haben kann, die ihm auch kein Vertreter des Miteigentumsgedankens unterstellt. Offenbar, ob bewußt oder unbewußt, ist ohne Belang, unter dem Einfluß marxistischen Gedankengutes wird den Verfechtern des Miteigentumsgedankens vorgeworfen, das Miteigentum als Universalheilmittel für die Lösung der sozialen Frage anzusehen.

Wer allerdings glaubt: „Auf einer gewissen Entwicklungsstufe geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch zu den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten .. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Ueberbau jeweils langsamer oder rascher um …“ (Marx, Kritik der politischen Oekonomie), der muß die Idee des Miteigentums völlig mißverstehen.

Dr. Kummer betrachtete die Frage des Miteigentums vom Standpunkt der christlichen Soziallehre. Die ethische Komponente spielte daher in seinen Ausführungen eine bedeutsame Rolle, wenngleich auch, und das ist ehr erfrao lieh, die ökonomische Problematik gewürdigt wurde. Die Kummersche Interpretation des Miteigentumsgedankens ist damit schon weit entfernt von einer weltfremden Sozialromantik und durchaus geeignet, realisiert zu werden.

Der Gewinn der Tagung scheint überhaupt zu sein, daß vielleicht Mißverständnisse geklärt werden konnten. Zweckmäßig wäre es gewesen, weniger den politischen und philosophischen Unterbau und mehr die ökonomische und juristische Seite des Fragenkomplexes zu behandeln.

Es wäre einmal nötig, um die Diskussion, über das Miteigentum der Arbeitnehmer an den Produktionsmitteln von größtenteils unsachlichen Einwänden zu befreien, eine eingehende ökonomische Untersuchung anzustellen.

Nach Klärung oder zumindest Aufhellung der ökonomischen Fragen müßte auch den juristischen Problemen mehr Augenmerk zugewendet werden und der Versuch einer Systematik der Miteigentums- und Mitbestimmungsfarmen unternommen werden. Hier hat die Studienkommission des Deutschen Juristentages, Bericht des Ausschusses III, Tübingen 1957, „Die Partnerschaft der Arbeitnehmer-Untersuchungen zur Reform des Unternehmerrechtes", schon wertvtolle Arbeit geleistet.

Zusammenfassend gilt wohl für diese gewerk- schaftskundliche Tagung des Instituts für Sozialreform und Sozialpolitik, daß eine berechtigte Hoffnung besteht, Mißverständnisse ausgemerzt zu haben. Ein reales Konzept für ein Miteigentum der Arbeitnehmer an den Produktionsmitteln liegt durchaus im Bereich des Möglichen. wenngleich noch viel Arbeit geleistet werden muß.

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