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Der letzte Streich

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Über die literarische Sabotage von Jaroslav Hašek in seinem Klassiker "Der brave Soldat Schwejk".

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Über die literarische Sabotage von Jaroslav Hašek in seinem Klassiker "Der brave Soldat Schwejk".

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Jaroslav Hašek, der Verfasser des tschechischen Till Eulenspiegel, war ein ebensolcher Schelm wie der Held seines Romanes „Der brave Soldat Schwejk“. Vor dem Jahre 1914 machte er dutzendemal die Bekanntschaft der österreichischen Polizeibehörden, nach 1918 ebensooft derjenigen des neuen tschechoslowakischen Staates. Während des Krieges geriet Hašek in russische Kriegsgefangenschaft und nach der Oktoberrevolution erhielt er einen kleinen Posten. Bald aber erkannte er das Wesen des neuen Systems und kehrte ihm den Rücken.

Sein Buch, eine Selbstironisierung des tschechischen Volkes, erlebte nicht nur in seiner Heimat, sondern in der ganzen Welt einen ungeahnten Erfolg, besonders im deutschen Sprachraum. Das NS-Regime verbot es natürlich gleich wegen „Wehrkraftzersetzung“. Aber auch das neue Regime seiner Heimat hatte an dem Buch keine reine Freude. Zu sehr rief es zur Nachahmung, also zur Sabotage auf. Anderseits war der Autor zu populär, um ihn als Feind des Volkes gleich zu unterdrücken. So kam man auf einen Mittelweg: man gab in einem Staatsverlag eine Sammlung seiner Kurzgeschichten unter dem Titel „Schule des Humors“ heraus und ließ dazu ein Vorwort verfassen. In dem Vorwort, heißt es:

„Der russischen Revolution Aug in Aug gegenübergestellt, erkannte er bald, daß der Platz der ehrlichen Männer in ihren Reihen war, ihr opferte er seine Schwäche und auch seine literarischen Herzenswünsche. Allerdings nur vorübergehend, denn die Sehnsucht nach dem Vaterlande führte ihn zurück nach Prag... Hašek gedachte jedoch immer der bolschewistischen Epoche seines Lebens als einer heroischen Zeit: Es war herrlich, pflegte er zu sagen, aber es war nichts für mich.“

„Es war herrlich, aber es war nichts für mich.“ Diese etwas traurig klingenden Worte sind vielleicht der beste Witz, den der 1922 gestorbene Dichter getan hat. Sie könnten sein ganzes Volk immun gegen fremde Einflüsse machen. Schwejk hat seinen letzten und größten Streich gespielt.

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