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Ab Herbst neuer Knigge
Wenn sich eine gesetzgebende Körperschaft eine neue Geschäftsordnung gibt, ist das auch in Österreich nichts Sensationelles. Daß die kürzlich vom oberösterreichischen Landtag für sich selbst beschlossenen neuen Spielregeln dennoch mehr als nur registriert wurden, beweist nur, wie notwendig die Entstaubung des aus dem Jahr 1954 stammenden Verhaltensbreviers für die Mandatare im Linzer Landhaus war.
Wenn sich eine gesetzgebende Körperschaft eine neue Geschäftsordnung gibt, ist das auch in Österreich nichts Sensationelles. Daß die kürzlich vom oberösterreichischen Landtag für sich selbst beschlossenen neuen Spielregeln dennoch mehr als nur registriert wurden, beweist nur, wie notwendig die Entstaubung des aus dem Jahr 1954 stammenden Verhaltensbreviers für die Mandatare im Linzer Landhaus war.
Bei der Abstimmung präsentierte sich — trotz Vorwahlgeplänkeln an mehreren Fronten — ein einig' Volk von Abgeordneten: Einstimmig gaben die Landtagsmitglieder dem in zwei Jahren und 19 Unterausschuß-sowie einer Ausschußsitzung sorgsam zureohtgefeilten Geschäftsordnungsopus ihren Sanktus — und der Demokratie in der höchsten Politbühne Oberösterreichs endlich eine bessere Chance, wie nicht nur von den Zustimmungsrednern der drei Fraktionen unisono vermerkt wurde.
Künftig werden sich die Redewilligen nicht mehr auf rhetorischen Schleiohpfaden an aktuelle .Themen heranpirschen müssen, um sich dazu vor dem Plenum äußern zu können. Die neue „Aktuelle Stunde“ wird, wenn sie von fünf Abgeordneten beantragt wird, künftig ausreichend Gelegenheit geben, zu akuten Problemen und Geschehnissen Stellung nehmen zu können.
Ebenfalls neu eingeführt wird eine Fragestunde, für die, ähnlich wie dies im Nationalrat geschieht, die schriftlichen Fragen bis zu einem bestimmten Termin eingebracht sein müssen. Dafür genügt bereits die Fragewilligkeit zweier Mandatare. Außerdem können mündlich Zusatzfragen gestellt werden.
Ob für die Neuregelung von Initiativanträgen nur das Verlangen nach mehr Demokratie allein ausschlaggebend war, kann man bezweifeln. Wenn man weiß, daß von den derzeit 48 Abgeordneten zwei der FP angehören, der bei den Herbstwahlen von den künftig 56 wahrscheinlich höchstens vier Mandate zufallen werden, dann ist deutlich eine großzügige Haltung der zwei Großparteien gegenüber den möglichen Königsmachern von der FP herauszulesen:
Initiativanträge werden, in Zukunft schon von drei Abgeordneten gestellt werden können. Gemeinsam mit den beiden „neuen Stunden“ wird man aber jedenfalls auch von dieser neuen Bestimmung eine Belebung der Landtagsarbeit zu erwarten haben, da zumindest bisher die Freiheitlichen als unermüdliche, aber durch die alten Geschäftsordnungstore aufgehaltene Aktivisten galten.
Wie sich der neue Landtagsknigge für Oberösterreich in der Praxis, die erst nach den Wahlen bzw. mit Ende der Legislaturperiode beginnen wird, auswirkt, muß sich erst erweisen. Das neue Stimulans sollte einerseits wirklich einen Vitalisierungs-effekt erzielen können, wenn es anderseits nicht zu billigem „Hölzlwer-fen“ — wie die „Oberösterreichischen Naohrichten“ warnten — der Anfrager für die Regierungsmitglieder aus den eigenen Reihen mißbraucht wird. Die Parteien wären gut beraten, von auch nur versuchsweisen Ansätzen in dieser Richtung von vornherein die Finger zu lassen. Vorgewarnte Berichterstatter würden bei solchen Versuchen beim „Herunterklopfen“ von Artikeln sicher nicht nur die Schreibmaschinen treffen.
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