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Es geht um einige tausend Wählerstimmen

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Richard Piatys konservativ-freiheitliche „Aktion für Österreich" habe nur dann wirklich eine Existenzberechtigung, wenn sie, sagte ein namhafter Aktionist in einem Vieraugengespräch sehr offen, bei den nächsten Nationalratswahlen kandidiert. Also eine neue Partei.

Elisabeth Schmitz gründet eine neue Partei und erfüllt sich so einen Herzenswunsch; sie wird, was ihr in der ÖVP versagt geblieben ist: Parteichefin.

Und jetzt ist Leopold Kendöl als Präsident des Katholischen Familienverbandes zurückgetreten und unter die Parteigründer gegangen.

Sind das die Signale, daß unser derzeitiges Parteiensystem - so wie von vielen prophezeit - bald ausgedient haben wird?

Zeichen des Unbehagens sind es sicher. Gemeinsam ist ihnen, ohne sie in einen Topf werfen zu wollen, daß sie Tür ihre Anliegen im Rahmen der bestehenden Parteistrukturen keine Möglichkeit zur Konfliktaustragung erblicken. Mit der Parteigründung dokumentiert sich diese Ohnmacht.

Gemeinsam ist ihnen auch, daß sie Anhänger in allen politischen Lagern suchen und finden wollen.

Aber damit stehen sie auch nicht so allein da, wie dies auf den ersten Blick scheinen könnte. Denn auf dem Papier herrschen in Österreich ohnehin längst italienische Zustände: Neben den drei Parlamentsparteien haben nicht weniger als 38 (!) Zwergparteien nach dem Parteigesetz bis zum heutigen Tag beim Innenministcriutn ihre Satzungen hinterlegt. Auf drei auf oder ab käme es da quantitativ schon auch nicht mehr an.

Kurzum: Eine Gründung, Satzungen und ein Programm machen vielleicht eine Partei fürs Gesetz, aber noch lange keine politische Bewegung in eigentlichem Sinn, keine Alternative für den Wähler.

Trotz der weitverbreiteten Parteienkritik und obwohl Umfragen signalisieren, daß zehn Prozent die Gründung einer neuen Partei begrüßen würden, dürfen zum gegenwärtigen Zeitpunkt und bei geltendem Wahlrecht Zweifel an den Wahlchancen solcher Splitterparteien angemeldet werden. Gerade das Wahlrecht bürgt dafür, daß italienische Zustände ausgeschlossen sind.

Zudem: 1966 hat nicht einmal Franz Olah mit seiner Popularität und Anhängerschaft den Sprung ins Parlament geschafft.

Aber einige tausend Stimmen könnten durchaus zusammenkommen. Woher?

ÖVP-Bundesparteiobmann Alois Mock, der beim nächsten Urnengang um jede einzelne Stimme kämpfen muß, kann sich dies an den fünf Fingern einer Hand ausrechnen, wenn ihm die unverhohlene Freude, mit der SPÖ und FPÖ die Aktivitäten der Parteigründer verfolgen, nicht schon genügt.

Auf einen kurzen Nenner gebracht heißt das: alles gegen Mock.

Was Kanzler Bruno Kreisky mit Geschick in elf Jahren Regierung nicht geschafft hat, nämlich einzelne Gruppen aus der ÖVP herauszubrechen, bescheren ihm jetzt unzufriedene Noch- oder Nicht-mehr-ÖVPler.

Piaty, Schmitz, Kendöl - das sind noch keine großen politischen Bewegungen. Das sind zur Stunde kleine Absetzbewegungen. Die Volkspartei sollte dies nicht unterschätzen.

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