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Hat Reagan recht?
Ronald Reagan reitet wieder: auf einer Popularitätswoge sondergleichen im eigenen Land, aber auch als neu bestätigter Anführer der westlichen Welt.
Die Reagan-Formel aber lautet bei Antritt seiner zweiten Amtszeit wie zu Beginn der ersten: Verhandlungen mit der Sowjetunion von einer Offensivposition der Stärke aus.
Reagans Argument war immer gewesen: Die Sowjets verstehen nur die Sprache der Stärke, also rüsten wir nach und auf, bis wir sie an den Verhandlungstisch zurückgezwungen haben!
Die Reagan-Rechnung scheint aufzugehen. Die UdSSR hat alle Bedingungen (wie Rücknahme der NATO-Nachrüstung oder Verzicht auf Weltraumrüstung) fallengelassen. Die USA halfen ihr nur beiläufig, Gesicht zu wahren, indem man nicht eine Rückkehr zu den alten Verhandlungstischen, sondern eine neue, integrierte Verhandlungsrunde vorschlug: Unter einem gemeinsamen Schirm” wird über Interkontinental-, Mittelstrecken- und Weltraumwaffen geredet.
Die Komplexität des Themas ist gigantisch: Stellen 1037 US- und 1396 Sowjetlandraketen mit 2100 bzw. 5800 atomaren Sprengköpfen ein annäherndes Gleichgewicht dar, wenn man sie zusammen mit 592 US- und 981 SU-Atomraketen (5540 bzw. 2100 Sprengköpfe) sieht und auch noch 241 US- und 143 SU-Großbomber mit 3550 bzw. 340 Atombomben dazuzählt?
Vor nichts ist mehr zu warnen als vor Ungeduld. Die Verhandlungen werden sehr lange dauern und voraussichtlich oft an den Rand des Scheiterns führen. Haupthoffnung des Westens ist das wirtschaftliche Interesse der Sowjets an einem Abkommen: Die Konkurrenz ist für sie ruinös.
Die UdSSR und Japan begannen ungefähr gleichzeitig mit einer Industrialisierung. Beide Länder litten im Zweiten Weltkrieg schwer. Heute aber ist Japan in der modernen Hochtechnologie Spitzenreiter der Welt, die Sowjetunion weit abgeschlagen. In dieser Situation wäre ein Milliardenwettlauf in Weltallwaffen mörderisch für Moskau.
Deshalb kann Washington jetzt nicht sein 26-Milliar-den-Dollar-Weltraumpro-jekt (Star Wars”) freiwillig aufgeben: Man gibt nicht im voraus preis, was für den Partner das Hauptziel der Verhandlungen ist.
Das Risiko liegt darin, daß Reagan die Sowjets unterschätzen und ihnen Unzumutbares aufzudrängen versuchen könnte. Geld hat er mehr als Phantasie. Der Preis, um den gepokert wird, kann das Uberleben der Menschheit sein.
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