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Obenfeldner: „Positive Reaktionen überwiegen“

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Vor kurzem sorgte der Innsbrucker Vizebürgermeister und Obmann der SPÖ-Stadtorganisation, Ferdinand Obenfeldner, durch seine Äußerungen über die Zweckmäßigkeit einer Konzentrationsregiering auf Bundesebene für einige Verwirrung im sozialistischen Lager. '

Das wachsende Unbehagen in der Öffentlichkeit über Stil und Inhalt der derzeitigen innenpolitischen Auseinandersetzungen haben Obenfeldner zu seinen Äußerungen bewogen. „Eine alles verdammende Opposition und eine nicht immer den Ausgleich und die Diskussion suchende Mehrheit unterminieren den festen Untergrund unserer Demokratie, nämlich die Gemeinsamkeit im Wollen und Wirken für unser Land. Seit iriehr als 20 Jahren stehe ich als Politiker in Tirol in den Reihen der Minderheit und habe mit meinen Freunden den Beweis erbracht, daß man in dieser Position Kritik üben und trotzdem konstruktiv und aufbauend wirken kann. Und seit ebenso vielen Jahren stehe ich einem Institut (Tiroler Gebietskrankenkasse, Anm. d. Red.) als leitender Angestellter vor, in dem ich den Nachweis führen konnte, daß man - der Mehrheit zugehörend - erfolgreiche Arbeit leisten und das Masximum für den anvertrauten Personenkreis erreichen kann, wenn man um die Mitarbeit der Minderheit auch dann bemüht bleibt, wenn es möglich wäre, auf Grund der gegebenen Mehrheit zu bestimmen oder zu diktieren.“

Obenfeldner sprach die Überzeugung aus, daß unsere Bundesverfassung keine geeignete Grundlage für eine Regierungsform demokratischer Gemeinsamkeit darstelle. Seiner Vorstellung nach solle die demokratische Praxis in Ländern und Gemeinden auch Vorbild fiirden Bund sein: politische Auseinandersetzung im Parlament, Vollstreckung der Beschlüsse zur Sicherung der gemeinsamen Basis durch eine Regierung, an der nach dem Verhältniswahlrecht alle politischen Gruppierungen beteiligt sindr Damit werde keine maßgebliche politische Gruppe aus der Verantwortung entlassen und die Regierung zum Fundament für den notwendigen politischen Ausgleich.

Bundeskanzler Bruno Kreisky fand

- auf Obenfeldners Vorstellungen in einem Interview angesprochen - dazu nur die Erklärung, daß der Innsbruk- ker Vizebürgermeister den Leuten nach dem Mund reden wolle. „Das ist aus der Mentalität des langjährigen Zweiten, aus seiner Situation heraus verständlich.“ Vermutungen, daß der Obenfeldner-Vorschlag, die Regierung auf eine breitere Basis zu stellen, innerhalb der SPÖ eine zunehmende Anhängerschaft finde, bezeichnete der Bundeskanzler als „Sommerausgeburt der Phantasie“.

In einem FURCHE-Interview bekräftigte Vizebürgermeister Obenfeldner dieser Tage seinen Standpunkt: „Es handelt sich dabei um einen wohlüberlegten Gedankengang und ich stehe nach wie vor zu meinem Vorschlag. Es ist dies eine Auffassung, die ich schon seit langem vertreten und auch einmal im Innsbrucker Gemeinderat geäußert habe.“

Der Grund, warum er gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit dem Konzentrationsregierungsplan an die Öffentlichkeit trat, erklärte Obenfeldner mit der wachsenden Verunsicherung der Bevölkerung durch die innenpolitischen Auseinandersetzungen: „Da haben wir eine Opposition, die keinen Tritt fassen kann und alles ablehnt und eine Regierung, die durch ihre dominierende Stellung mitunter eine Haltung einnimmt, die von verschiedenen Kreisen als überheblich bezeichnet wird.“

Zu Kreiskys Stellungnahme meint er: „Der Herr Bundeskanzler hat über dieses Thema mit mir bisher nicht gesprochen. Veilleicht wurde er über den Inhalt meines Vorschlages nicht genau informiert. Ich habe nie einer Koalitionsregierung das Wort geredet, sondern stelle mir eben eine Regierng vor wie in den Ländern und Landeshauptstädten, also im Verhältnis des Wahlergebnisses zusammengesetzt.“

Schließlich gab der Innsbrucker SP-Obmann unumwunden zu, daß in sozialistischen Parteikreisen die Möglichkeit einer Konzentrationsregierung lebhaft diskutiert werde: „Ich erhielt viele B riefe von Parteif reunden und politischen Gegnern. Es gab Zustimmung und auch einige Ablehnung. Aber die meisten, die sich mir gegenüber zu diesem Thema äußerten, teilten meine Auffassung. Die positiven Reaktionen überwiegen.“

Ferdinand Obenfeldner ist es jedenfalls gelungen, kurz vor dem Innsbrucker Umengang am 2. Oktober einiges Aufsehen hervorzurufen. Wenn man den Innsbrucker „Vize“ nicht seit Jahrzehnten als Mann des Ausgleiches kennen würde, könnte man annehmen, sein Ausflugin die Bundespolitik sei ein geschickter Wahlgag.

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