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Digital In Arbeit

Zusammenhalten stątt intrigieren

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Gerät ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wird häufig nicht ein sinnvoller Soli- darisierungseffekt beobachtet, der Krisen’ überwinden könnte. Oft bricht der Kampf jeder gegen jeden aus.

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Gerät ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wird häufig nicht ein sinnvoller Soli- darisierungseffekt beobachtet, der Krisen’ überwinden könnte. Oft bricht der Kampf jeder gegen jeden aus.

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Wer glaubt heute noch, daß Unternehmenskrisen alleine durch Rationalisierung zu lösen sind? Wahrscheinlich niemand! Aber viele glauben, daß Veränderungen der Organisation oder auch Diversifikation der Produkte beziehungsweise Dienstleistungen das Allheilmittel sind.

Jede gemeinsame Problemlösung aufgrund der gegebenen Tatsachen — im Sinne einer Koalition der Vernünftigen — braucht eine Entsprechung auf der zwischenmenschlichen Ebene, sonst bleibt sie abstraktes Schlagwort. Es liegt an den Führungskräften, jenes Klima zu schaffen, das auch

Vernunft bei der gemeinsamen Arbeit mit den Mitarbeitern zuläßt.

Jede direktive, verordnete oder befohlene Änderung führt ohne die entsprechende Handlungsbereitschaft der Mitarbeiter in eine Sackgasse. Die betriebliche Wirklichkeit paßt sich nicht an die theoretischen Veränderungen an, an die strukturierte Realität, die {letztlich das Unternehmen dar- Jstellt.

Das Unternehmen ist nicht nur eine abstrakte Organisation, sondern eine Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen.

Ich kenne viele Unternehmen; in denen die Mitarbeiter desinteressiert die Beschlüsse der Unter- , nehmensleitung ausführen, ohne den tatsächlichen Sinn ihrer Handlungen zu wissen oder zu kennen. Sie kennen nicht das Unternehmensziel, nicht das Abtei- lungs- oder Gruppenziel, und auch nicht die Hindernisse, die es zu überwinden gilt.

Wenn Mitarbeiter eines Unternehmens weder auf die Festsetzung ihrer Arbeitsziele Einfluß nehmen können, noch über deren Begründung informiert werden, dann ist es nicht verwunderlich, wenn diese Mitarbeiter nur mit halbem Herzen bei der Sache sind.

Jeder Mensch, der seine Umwelt gestaltend beeinflussen

kann, wird seiner Umwelt positiv gegenüberstehen, kann er das nicht, so wird er ihr passiv, wenn nicht aggressiv oder sogar zerstörerisch begegnen.

Was hat das alles mit der verschlechterten Lage der Unternehmen zu tun? Sehr viel, wenn nicht alles Wesentliche!

Wir kennen aus der Psychologie und der Erfahrung das Phänomen des gemeinsamen Außenfeindes. Wenn eine Gruppe, oder einzelne Mitglieder einer Gruppe bedroht werden oder sich bedroht fühlen, dann schließt sich die Gruppe gegen diesen Feind stärker zusammen.

Dieses Phänomen finden wir bei Tieren genauso wie bei Menschen, bei Kleingruppen ebenso wie bei großen, oft nur losen Gemeinschaften.

Nur bei einer spezifischen Gruppe scheint es nicht zuzutreffen: bei der Mitarbeitergemeinschaft eines Unternehmens. Warum wird eine Verschlechterung des Marktes oder der Kaufkraft — und damit die Gefährdung der eigenen Arbeitsplätze — nicht als der gemeinsame Außenfeind verstanden? Warum führt diese Bedrohung nicht zu mehr Solidarität, zu Gruppenkohäsion, zu Kreativität und Innovation? Warum führt das in der Praxis oft zum Gegenteil?

Immer öfter mußte ich in letzter Zeit bei diversen Führungskräf- te-Trainings feststellen, daß Intrige und Grabenkampf Platz greifen. Jeder ist sich selbst der Nächste, Mitarbeiter werden zu „Kanonenfutter“.

Warum bleiben da Kreativität,

Produktivität und Kooperation auf der Strecke?

Die Geschichte mit dem gemeinsamen Außenfeind hat eine Bedingung: Sie funktioniert nur dort, wo eine stabile Gruppe bedroht wird, wo einzelne Gruppenmitglieder einer Unterstützung sicher sein können.

Das haben zukunftsorientierte Unternehmen bereits erkannt. Nicht umsonst ist der Stellenwert kommunikationsorientierter Weiterbildung nach jüngsten Untersuchungen sehr hoch. Gerade jetzt gilt es, die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen zu stärken.

Der Schlüssel zur Bewältigung von Krisen liegt bei den Führungskräften: sie sind Sammelstelle der Produktivität der Mitarbeiter, sie sind die Klimamacher und Informationsverteiler.

An den Führungskräften liegt es, eine Umwelt zu schaffen, die Aktivität der Mitarbeiter zuläßt. An ihnen liegt es, Gemeinsamkeit zu initiieren und Kreativität zu fördern! Denn:

• Wolnformationausbleibt, entstehen Gerüchte.

• Wo Umwelt zwanghaft empfunden wird, entsteht Rebellion oder Passivität.

• WoRückzugundNegationvor- herrschen, kann Kreativität nicht wachsen.

• Wo Mißtrauen regiert, kann Gemeinsamkeit nicht sein.

Jede Veränderung in einem Unternehmen muß von Menschen akzeptiert und durchgeführt werden. Erfolgversprechend ist es, diese Menschen auch bei der Lösungsfindung aktiv mitarbeiten zu lassen.

Führungskräfte—auch wenn sie selbst Betroffene eines restriktiven und autoritären Klimas sind— sollten daran denken, daß sie die ihnen gesetzten Ziele nur mit Hilfe ihrer Mitarbeiter erreichen können. Den Gruppenvorteil zu vernachlässigen und den selbst empfundenen Druck weiterzugeben, kann in rezessiven Zeiten ein nur schwer wiedergutzumachender Fehler sein.

Der Autor ist Mitglied des Wirtschaftsto- rums der Führungskräfte. Sein Beitrag wurde der Zeitschrift WdF/ffov. 19S2 entnommen.

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