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Anarchie vom grünen Tisch
ABSCHIED VOM BÜRGERTUM. Essays und Reden von Werner H of m ann. Taschenbuch Nr. 399 der „edition suhrkamp“. 210 Seiten, DM 4.—.
In Österreich ist der Autor zunächst vorzustellen: als Ordinarius für Soziologie und Direktor des soziologischen Instituts der Universität Marburg. Jahrgang 1922. 1969 verstorben. Die 23 Publikationen entstanden von 1962 bis 1969 zu aktuellen Anlässen. Der Autor stellte die Buchfassung kurz vor seinem Tode her. Grundhaltung und Stil bilden den durchlaufenden roten Faden. Formal sind diese Arbeiten mehr oder minder ausgedehnte Leitartikel. Das eigene Wortkolordt der Soziologie, die „Fertdgtedlsprache“ der APO, vermeidet Hofmann. Er spricht als engagierter deutscher Staatsbürger, dem seine wissenschaftliche Disziplin nicht Alibi, sondern Auftrag an der Gegenwart ist. Wo ist der politische Standort? Wieviel Grad links? Dazu ein Zitat (S. 190): „Nicht der Parlamentarismus als solcher ist also anzugreifen, sondern das, was die herrschenden Kräfte, die herrschenden Parteien, eine gesellschaftliche Gruppierung, für die ein funktionierendes parlamentarisches System schon lange zum Hindernis geworden ist, daraus gemacht haben. Der Kampf gilt nicht der Institution, sondern dem fälschlichen Anspruch ihrer Träger, Repräsentanten des .Volkswillens' zu sein.“
Also, jenseits des Establishments, diesseits der Anarchie. Eine Position, der man zumindest Verantwortungslosigkeit nicht vorwerfen kann. Hierzulande wird man, zumal heute, jenen Artikeln mehr Interesse entgegenbringen, deren Thematik stärker über die Nachbargrenze schlägt. Das Buch enthält eine Menge solcher Artikel, die allerdings nur in seltenen Fällen die bekannten Mißstände besser aufhellen oder psychologisch deuten. In den meisten Fällen sind diese Artikel — wie etwa bei Max von der Grün — einfach ; nur Parteinahmen. Der Soziologe erklärt sich solidarisch und stärkt damit Menschen und Haltungen, die unter die Räder des westdeutschen Kapitals kommen, den Rücken. Zu den Motiven der Achtung, die man Werner Hofmann entgegenbringen muß, gehört auch eine klare Selbstkritik.
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