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Blatterstimmen, die wir an dieser Stelle zur Beutteilung unserer Stellung im Ausland veröffentlichen, stellen nicht die Meinung der Redaktion dar, sondern dienen lediglich zur Information unserer Leser.

„Die Oesterreichische Furche

„Vaterland“ (kons.), Luzern, vom 10. II. 1953.

„Der rührige österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber verwies in einem Vortrag in Salzburg auf mögliche Fernwirkungen, die die Parlamentswahl am 22. Februar auszulösen imstande ist. Oesterreich lallt die Aulgabe zu, vor der Deutschen Bundesrepublik und vor Italien Selbständigkeit des politischen Denkens zu beweisen, denn seine Entscheidung muß es ohne psychologische Beeinflussung durch Wahlergebnisse aus dem Westen und Süden treffen. Dr. Gruber sprach den Gedanken aus, daß die kommende Wahl auch die internationale Stellung des Landes mitentscheiden wird; an ihrem Ausgang wird man das Maß nehmen, inwieweit man Oesterreich für befähigt hält, für seine eigene Sicherheit zu sorgen ■ und sein Haus wirtschaftlich und politisch in Ordnung zu halten. Dejin nach den Wahlen will es Oesterreich sein, das die vier Besatzungsmächte ersucht, zu einer Konferenz über den Staatsvertrag zusammenzutreten. VieHefcht werden auch andere Umstände der Weltpolitik klarer zu beurteilen sein... Bei der Nationahats-wahl am 22. Februar muß man mit zahlreichen Imponderabilien rechnen. Ins Gewicht fällt die Ost-West-Wanderung, welche die Volkszählung von 1951 deutlich aufzeigte, und die zum Verlust von sechs Mandaten in Wien, zwei in Niederösterreich und eines im Burgenland führen wird. In diesen Ländern benötigt der Wahlwerber heuer mehr Stimmen als 1949. Trotzdem haben sich auch kleine Gruppen auf Wien geworfen und hoffen auf ein Mandat. In der Bundeshauptstadt meldeten sich neun Parteien, in Kärnten sogar elf an. Für ein Grundmandat müssen die Parteien heuer 20.000 bis 25.000 Stimmen mobilisieren, 1949 waren es 18.000 bis 24.000 und 1945 nur 14.000 bis 19.000. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, daß bei der Wahl des Bundespräsidenten am 6. Mai 1951 über 200.000 Stimmen verlorengingen (z. T. wegen Ungültigkeit, z. T. wegen Nichterscheinens des Wahlberechtigten). Es ist durchaus möglich, daß diese Erscheinung sich auch am 22. Februar wiederholt. Jedenfalls wurden die Indifferenten bisher noch von keiner Partei angesprochen. Schätzungsweise werden heuer über 100.000 Neueingebürgerte zu den Urnen schreiten. Den Hauptanteil stellen vertriebene Sudetendeutsche. Die Oesterreichische Volkspartei hat sozusagen in letzter Minute den Sudetendeutschen Erwin Machunze, einen irüheren christlichen Gewerkschafter, an aussichtsreicher Stelle der Wiener Kandidatenliste gesetzt und damit zu verstehen gegeben, daß sie auch weiterhin für die Eingliederung der Vertriebenen eintreten will. Man hat den Eindruck, daß der Wahlkampf nach der für die Sozialisten unangenehmen propagandistischen Niederlage keine neuen Argumente hervorbringen wird, Die Lautstärke wird sich steigern, die Ucber-zeugungskraft liegt im Programm. Allerdings hur für diejenigen Wähler, die sich überzeugen lassen wollen und nicht an Machtpositionen denken. Für die Denkenden aber ist es klar, daß die österreichischen Sozialisten ohne Programm, aber mit um so mehr Schlagworten in die Arena zogen.“

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