6760758-1968_15_04.jpg
Digital In Arbeit

Koalition – unwahrscheinlich

Werbung
Werbung
Werbung

Unter dem Titel „Nie wieder Koalition?” schrieb in der „Furche” vom 30. März 1968 Dr. Hubert Feichtl- bauer: „Eine durch das nächste Wahlergebnis erzwungene neue Koalition muß unter den gegenwärtigen Verhältnissen als hohe Wahrscheinlichkeit veranschlagt werden.” Diese Aussage scheint mir, zumindest was ihren Wahrscheinlichkeitsgehalt betrifft, nicht zuzutreffen. Dies soll kurz an Hand der rein arithmetisch möglichen Wahlresultate der Nationalratswahl 1970 bewiesen werden.

Ausgehend von den letzten Wahlergebnissen bei den verschiedenen Regionalwahlen in Österreich, scheint eine Drittelung bis Halbierung der Freiheitlichen Partei den größten Wahrscheinlichkeitsgehalt zu haben. Ob eine Große Koalition, die nur noch von einer Mini-Opposition kontrolliert wird, noch als eine die vollen Freiheitsrechte des einzelnen Staatsbürgers garantierende, demokratische Regierungsform bezeichnet werden kann und ob sie bei längerer Dauer nicht eines Umbaues der Verfassung bedarf, um einen Kontroll- mechanismus der Regierungstätigkeit zu schaffen, soll hier nicht diskutiert werden.

Nach Adam Riese

Auch die Tatsache, daß mit der Abnahme der FPÖ auf drei bis vier Mandate, deren Ausscheiden aus dem politischen Leben spätestens 1974 erfolgen dürfte (siehe die Entwicklung der KPÖ, die auch von einem Mandatstiefstand von drei Mandaten keinen Aufschwung mehr nehmen konnte und ausscheiden mußte), soll jetzt noch nicht untersucht werden, obwohl damit spätestens im Jahre 1974 wieder eine der beiden Großparteien die Mehrheit, die absolute Mehrheit, aus rein arithmetischen Gründen gewinnen muß, denn neue Parteien konnten seit 1945 die Hürde des Grundmandats nicht überspringen.

Doch schon für 1970 ist ein Wahlergebnis, das einer der beiden Großparteien die absolute Mehrheit bringt, viel wahrscheinlicher, als eines, das eine der beiden nur dię relative Mehrheit gewinnen läßt. Unter der Annahme, daß die FPÖ nur noch drei oder vier Mandate gewinnt, kann die Verteilung bei relativer Mehrheit einer der Großparteien nur so aussehen:

Bei allen anderen Ergebnissen gewinnt rein algebraisch eine der beiden Großparteien die absolute Mehrheit.

Die anderen Möglichkeiten

Die Behauptung, daß rein wahlarithmetisch bei einem Absinken der FPÖ auf drei bis vier Mandate die Zum Zweiparteiensystem

Vergleicht man nun die Anzahl der Verteilungen, die einer der Großparteien eine relative Mehrheit einräumt, mit der Anzahl derjenigen, die einer der Großparteien die absolute Mehrheit gibt, so beträgt, unter der Annahme des Rückganges der FPÖ auf drei bis vier Mandate, die Wahrscheinlichkeit, daß eine der Großparteien die absolute Mehrheit erhält, 11/15.

Eine künftige Koalition müßte daher nicht nur „formal anders praktiziert werden”, denn in elf von 15 Fällen hätte dann eine der beiden Parteien auf die Ausübung der absoluten Mehrheit zu verzichten.

So trivial es ist, wird es doch immer wieder nicht erkannt: Auch bei einem Proporzwahlsystem kann eine der Parteien die absolute Mehrheit gewinnen, wenn die dritte Partei zu einer wahlarithmetischen quantite nėgligeable degeneriert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung