In politischen Diskussionszirkeln geschieht es, Norbert Leser hat's im Standard getan, einige Mitglieder vom Österreich-Konvent sind schon ein bisschen infiziert: Das Wahlrecht steht wieder zur Diskussion. Auch das dürfen sich jene Freiheitlichen als Federl auf den Hut stecken, die aus der Bundesregierung eine Schießbude und aus der Koalition einen Zirkus zu machen sich alle Mühe geben.
Österreichs Listen- und Verhältniswahlrecht ist politisch gerecht, weil es allen Parteien eine stärkegemäße Vertretung im Parlament sichert. Aber es zwingt zu Koalitionen und ständigen Kompromissen, gebiert Unsicherheit und Ineffizienz. Es gab bisher gute Gründe, dennoch die Gerechtigkeit vorzuziehen. In jüngster Zeit wächst die Zahl derer, denen Effizienz wichtiger ist. Dazu ist ein Mehrheitswahlrecht erforderlich, das die stärkste Partei überporportional mit Mandaten beteilt und damit zur Alleinregierung befähigt. Aus der steirischen Volkspartei kommt der diskussionswürdige Plan, der Partei mit relativer Mehrheit der Stimmen eine knappe absolute Mehrheit der Mandate zu sichern und die knappe zweite Hälfte der Mandate nach dem Verhältnis der Parteienstärke aufzuteilen.
Ein Mehrheitswahlrecht würde nicht nur die Regierungsbildung um vieles einfacher machen, sondern die Parteien auch zwingen, in Einerwahlkreisen überzeugende, volksverbundene Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen. In Zeiten immer rascher wechselnder Parteipräferenzen brauchte man sich wegen Einzementierung einer Regierung keine Sorgen machen: Bei zwei annähernd gleich starken Groß- oder drei gleich großen Mittelparteien würde schon ein verhältnismäßig kleiner Ruck in der Wählerschaft einen Regierungswechsel bewirken. Darüber ernsthaft nachzudenken, ist Bürgerpflicht geworden.
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