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Ohne Budget?
Der SPÖ-Klub hat in einer Tagung in Baden einen bemerkenswerten Beschluß gefaßt: In der parlamentarischen Debatte zum Budget 1969 soll eine große, allgemeine Attacke gegen die Regierung und die Regierungspartei geritten werden, ohne daß seitens der Opposition konkrete Gegenvorschläge gemacht werden. Daß eine Opposition in der jährlichen Budgetdebatte zu einem Generalangriff auf die Regierung antritt, ist parlamentarische Übung in allen Demokratien. Aber gerade diesmal hat man sich eigentlich erwartet, daß die SPÖ diese Gelegenheit benützen werde, um ihre in dem jüngst verlautbarten Wirtschaftsprogramm festgelegten Ziele sehr konkret und im einzelnen der parlamentarischen und damit der gesamten Öffentlichkeit vorzulegen. Sollte sie das, wie aus der Badener Tagung nun geschlossen werden muß, unterlassen, so wird dies für die ÖVP eine willkommene Gelegenheit sein, ihr bisher stärkstes Propagandamittel breit auszuspielen: daß die SPÖ zwar kritisieren, aber keine besseren Vorschläge machen kann. Es muß allerdings zugegeben werden, daß das mit den besseren Vorschlägen in der gegenwärtigen Situation eine recht schwierige Sache ist. Das vom Finanzminister vorgelegte Budget stellt, wie immer man die Sache auch betrachten mag, immerhin ein wohldurchdachtes Programm dar, das auf die budgetären Gegebenheiten im Rahmen des möglichen weitgehende Rücksicht nimmt. Es ist daher auch sehr schwierig und in den meisten Positionen sehr wahrscheinlich ganz unmöglich, bessere Vorschläge zu machen.
Noch ein zweiter Punkt ist von der Badener SPÖ-Konferenz bemerkenswert. Man ging dort von der Voraussetzung aus, daß das Budget 1969 das letzte ist, das diese Regierung dem Parlament vorlegen wird, und nimmt an, daß sich die Regierung im nächsten Jahr mit einem provisorischen Budget für 1970 begnügen werde, damit es dem neuen Parlament überlassen bleibt, wie es über die staatliche Budgetgebarung füf 1970 endgültig entscheiden wolle. Abgesehen davon, daß es verfrüht ist, der Bundesregierung und der Regierungspartei schon jetzt die Absicht einer solchen Vorgangsweise zu unterschieben, ist immerhin zu berücksichtigen, daß auch für den Fall einer solchen Vorgangsweise ein Budget für mindestens ein halbes Jahr beschlossen werden müßte. Die Neuwahlen müssen spätestens am März 1970 stattfinden, und es kann angenommen werden, daß dies auch der Wahltag sein wird, sofern es nicht aus unvorhergesehenen Umständen heraus zu einem wesentlich früheren Wahltermin, z. B. November 1969, kommt. Ein Wahltermin im Winter ist in Österreich kein günstiger, weil durch Wetterunbilden bedingt darunter die Wahlbeteiligung vor allem in den Gebirgsgegenden erfahrungsgemäß leidet. Es kann also angenommen werden, daß die Regierungspartei den letzten Wahltermin vom 1. März beschließen wird. Sodann ist mit einer mehrwöchigen Dauer der Regierungsbildung zu rechnen. Selbst wenn man dafür nur einen für österreichische Verhältnisse sehr kurzen Zeitraum von vier Wochen veranschlagt, so kann die neue Regierung kaum vor Ende April oder Anfang Mai das neue Budgetgesetz dem Parlament vorlegen. Rechnet man dazu den Zeitraum der parlamentarischen Behandlung des Budgetgesetzes und die technischen Schwierigkeiten, die sich aus einem geteilten Jahresbudget für die Verwaltung ergeben, so kommt man sinnvollerweise zum 1. Juli, mit dem das neue Budgetgesetz in Kraft treten könnte.
Wenn diese Termine, die an sich, wie schon gesagt, ohnedies kurzfristig berechnet sind, alle zutreffen, dann ist aber die Bundesregierung verpflichtet, im Herbst 1969 auf jeden Fall ein Budgetgesetz mit Ansätzen vorzulegen, die sich von den Ansätzen von 1969 in wesentlichen Punkten wesentlich unterscheiden werden, denn es kann nicht angenommen werden, daß die Voraussetzungen auch nur für ein Halb- jahresbüdget 1970 dieselben sein werden wie für das Budget 1969.
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