#Leitplanken des Lebens#

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Braucht Politik christliche Werte? Und wer bestimmt überhaupt, was christlich ist? Diesen Fragen widmete sich eine FURCHE-Podiumsdiskussion im Wiener Kardinal-König-Haus.

Politik braucht Werte # darüber waren sich die fünf Diskutanten einer von Kardinal-König-Haus und FURCHE letzte Woche veranstalteten Podiumsdiskussion über #Wert-volle Politik? # Christliche Grundwerte im Handeln der Politik# einig. Schwieriger gestaltete sich die Antwort darauf, welche Werte in die Politik Eingang finden sollten: Braucht Politik christliche Werte? Und wer darf bestimmen, was christliche Werte überhaupt sind?

#Ich wehre mich dagegen, jemandem abzusprechen, christlich zu sein. Meine Motivation kommt aus einem christlichen Verständnis # das hat mit meiner Biografie zu tun#, so Stefan Wallner, ehemaliger Caritas-Generalsekretär und seit knapp einem Jahr Bundesgeschäftsführer der Grünen. Neben ihm am Podium sitzt Christian Moser, Mitarbeiter der Politischen Akademie der ÖVP. Er hatte im Jänner 2010 mit einem Artikel in der FURCHE anlässlich des Wechsels von Wallner scharf mit dem #Linkskatholizismus# abgerechnet und sich gegen die #Selbstverständlichkeit, mit der Grüne sich als Vertreter christlicher Werte ausgeben# gewehrt. Dem Beitrag folgte eine Reihe weiterer pointierter Pro- und Kontrastimmen, akkordiert von einer Flut an Leserbriefen. Nun wurde die Debatte von der Zeitung aufs Podium verlegt.

Wert-voller Dialog

#Ich bin dafür, dass wir Religion, Kirche und Parteien gut auseinanderhalten#, legt Pastoraltheologe Christian Friesl seine Position dar. Einen #professionellen Dialog# zwischen den politischen und religiösen Institutionen solle es aber sehr wohl geben, da Werte für die Organisation einer Gesellschaft zentral seien: #Werte sind die Leitplanken des Lebens, sowohl persönlich als auch gesellschaftlich. Je mehr man fähig ist, sich über Werte auszutauschen, zu diskutieren, zu streiten, desto mehr wird man auch Pluralität ertragen.# Friesl, der die österreichische Wertestudie 1990#2008 mitherausgegeben hat, sieht keinen großen Werteverlust in unserer Gesellschaft. Aber einen Wertewandel # und dieser mache es erforderlich, an Werten zu arbeiten: #Es genügt nicht, Werte aus längst vergangener Zeit herzunehmen und zu sagen, das sind christliche Werte.#

Als Vizepräsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) erarbeitet Regina Petrik u. a. Konzepte für politisches Handeln aus christlicher Sicht: #Wertvolle Politik zeigt sich im Menschenbild und ob konkrete Politik die Menschenwürde jedes Einzelnen wahrnimmt.# Ein Schlüsselwert in Petriks Menschenbild ist Solidarität, verstanden als #Haltung, die nicht nur ein geschlossenes System betrifft, sondern Solidarität als Konzept, das global zu denken ist#.

Solidarität fordert auch der Publizist und Politikwissenschaftler Andreas Unterberger: #Jedes Jahr werden Christen wegen ihres Glaubens ermordet. Solidarität mit verfolgten Christen ist eine Ebene, wo das Christliche in das politische Ambiente hineingetragen werden darf.# Eine andere Ebene betrifft das persönliche Verhalten jedes Einzelnen: #Hier kann man zeigen, dass religiöse Wurzeln nicht nur behauptet, sondern gelebt werden.# Unterberger ortet allerdings ein fundamentales Missverständnis in Bezug auf den Begriff Solidarität: Man habe in den letzten Jahren aus dem christlichen Gebot #Liebe deinen Nächsten# etwas anderes gemacht: #Verlange, dass jedes wirkliche oder scheinbare Problem dem Staat zugeschoben wird.# Das sei längst an die Grenzen der Finanzierbarkeit gestoßen # und, weil auf Kosten der kommenden Generationen gehend, auch nicht christlich.

Linke vs. rechte Solidarität

Politikwissenschaftler Christian Moser analysiert die gegenwärtige politische Situation so: #Unsere gesellschaftliche Liberalisierung ist an ein natürliches Ende gekommen.# Er fordert eine neue politische Kultur auf Basis eines christlichen Menschenbildes: #Ich plädiere für die Wiederentdeckung der Tugenden Gemeinwohl, Gemeinschaft und Solidarität.# # Wobei Moser zwischen einer linken und einer konservativen Solidarität unterscheidet: #Links ist Solidarität mittels fremdem Geld, für den Konservativen gilt: Hilf dem, der Hilfe braucht.#

Wertvolles politisches Handeln zeigt sich für Regina Petrik vor allem auch darin, wie gehandelt wird: #Wir fordern dauernd selbst ein #Liebe deinen Nächsten#, aber in der Sprache ist die Verführung zum Seitenhieb schon noch sehr groß. Politik zeigt sich sehr klar im konkreten Reden, nicht nur über Sachverhalte, sondern über Menschen.#

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