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Digital In Arbeit

Ja, natürlich-nicht!

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Selbstverständlich hat der jüngste EU-Be-schäffigungsgipfel selbst keine neuen Jobs gebracht. Aber vielleicht war er bewußtseinsbildend. Möglicherweise haben einige, die in den vergangenen Wochen und Monaten lautstark Beschäftigungsprogramme gefordert haben, eingesehen, daß praktisch kein EU-Land mehr auch nur einen Millimeter budgetpolitischen Spielraum für budgetfinanzierte Beschäftigungsmaßnahmen hat.

Österreich schon gar nicht. Wenn der Zinsendienst des Bundes heuer rund 22 Prozent der Nettosteuereinnahmen des Bundes ausmacht, dann weiß man wieviel es geschlagen hat. Wenn die Zinsen allein 3,5 Prozent des BIP erfordern, für Forschung und Entwicklung aber nur bescheidene 1,5 Prozentpunkte des BIP zur Verfügung stehen, dann wird klar, aaß die öffentlichen Hände in Sachen Beschäftigungspolitik gebunden sind. Die Budgetkonsolidierung war europaweit überfällig, auch wenn es weit und breit kein Maastricht gegeben hätte.

Also müssen endlich andere Wege gegangen werden: Bevor Mißverständnisse aufkommen, Wirtschaftswachstum ist weiterhin „unvermeidlich”. Denn die Arbeitslosigkeit ist viel zu hoch.

Der wichtigste Faktor zur Arbeitsplafzbeschaffung ist in ausgereiften Volkswirtschaften der „Dere-gulator”. Da haben wir in Osterreich leider viel verschlafen. Nur zögernd und mißmutig liberalisie-ren wir etwa die Telekom-und die Strommärkte. Mit der uns eigenen Beharrlichkeit und dem Strukturkonservativismus sind wir das letzte europäische Land, das den privaten Zutritt zu Hörfunk und Fernsehen ermöglicht. Multi-Media ist hierzulande noch ein Pionierbegriff.

Wann wird jemand endlich ausrechnen, welche Beschäftigungschancen wir in den Bereichen Multimedia, Telekommunikation, elektronische Medien et cetera in den vergangenen Jahren den anderen überlassen haben?

Das Sozialministerium erteilt ablehnende Bescheide bezüglich Nachtarbeit -unaeingroßes Kreditinstitut verlagert eine wichtige internationale Abteilung mit zwei Dutzend Akademikern einfach nach London.

Wir hinken in der Flexibilisierung der Arbeitszeit deutlich nach. Wir jammern über Verlagerungen von Produktionsstäfren in das lohngünstigere Ausland, ohne zu bedenken, daß vielfach damit erst die Existenz des Unternehmens in Osterreich gesichert werden kann.

Wir zeigen mit dem Finger auf die größeren Unfer-nehmenseinheiten, vornehmlich die Industrie, und bezichtigen sie der milliardenschweren Rationalisierungen zum Personalabbau. Aber wer zählt auf, wieviele hundert klein- und mittelbetriebliche Vorlieferanten etwa eine solche Milliardeninvestition haben?

Die wichtigste Rezeptur zur spürbaren Senkung der Arbeitslosigkeit lauter: Deregulierung und Entbürokra-fisierung im eigenen Land sowie aas weltweite Wahrnehmen von Arbeitschancen, wo immer es sie gibt.

Selbstverständlich geht dieser Welt die Arbeit nicht aus. Denn immer mehr Menschen in den sogenannten industriellen

Schwellenländern wollen jene Wohlstands-, Sozialstandard- beziehungsweise Umweltniveaus erreichen, die anderswo schon zur Selbstverständlichkeit zählen.

Die Dinge liegen klar: Für öffentliche Beschäftigungsprogramme fehlt aas Geld, auch ohne die Euro-Kriterien. Einen NeoProtektionismus wird es nicht geben. Die Rahmenbedingung „Globalisierung” ist gegeben. Sie ist eine ungeheure Chance.

Also bleibt nur eines, nämlich der absolute Vorrang der Chancenrealisierung. Regulierer und Bedenkenträger gegenüber jeglicher Innovation gibt es wahrlich zu viele.

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