6702595-1963_37_17.jpg
Digital In Arbeit

Sachliches Konzept

Werbung
Werbung
Werbung

Die Wiener Internationale Messe bietet jeweils Gelegenheit, sich über die Vielfalt und Leistungskraft der österreichischen Wirtschaft ein Bild zu machen. Dieser überzeugende Eindruck eines imponierenden Wfrtschaftspoten- tials darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die österreichische Wirtschaft gegenwärtig eine Reih von schwerwiegenden Problemen zubewältigen hat und daß sich Tendenzen abzeichnen, deren weiterer Fortsetzung Einhalt geboten werden müßte. Es besteht kein Zweifel darüber, daß sich zwar das Wirtschaftswachstum in unserem Lande stetig fortsetzt, sich aber dennoch im Vergleich zu den vorhergegangenen Jahren merklich verlangsamt hat; andererseits werden an das Sozialprodukt ständig zunehmende Ansprüche gestellt, denen die österreichische Wirtschaft in vielen Fällen gerade noch, in einigen aber schon nicht mehr gewachsen ist. Die praktische und für alle Teile der Bevölkerung merklich fühlbare Folge dieser Entwicklung sind ein gewisser Lohn- und Preisauftrieb, eminente Schwierigkeiten bei der Erstellung des Budgets und Steuereinnahmen, die den Erwartungen und damit gleichzeitig auch den dem Budget zugrunde liegenden Berechnungen nicht mehr entsprechen. Nun hat die österreichische Wirtschaft — dies steht außer Frage — eine Stufe der Konsolidierung erreicht, die eine erfolgreiche Begegnung solcher Gefahren durchaus möglich erscheinen läßt, allerdings nur dann, wenn Einigung darüber erzielt werden kann, daß die Erhaltung der vollen Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft mit der Erhaltung der Kaufkraft des Schillings untrennbar verbunden ist.

Ziel und Aufgabe der österreichischen Wirtschaftspolitik müßte demnach eindeutig die Erhaltung der Kaufkraft des Schillings, aber ebenso gleichrangig die Erhaltung der unserer Wirtschaft innewohnenden Kraft sein. Die Meinungen darüber, auf welchem Wege dieses unbestrittene Ziel verläßlich zu erreichen ist, gehen auseinander.

Daß aus dem Wesen des modernen Staates das wirtschaftliche Planen nicht wegzudenken ist, sei außer Streit gestellt, wesentlich ist aber die Form, in der ein solches Planen geschehen kann, ohne dem deutlich kundgegebenen Willen der Staatsbürger nach einer demokratischen und freien Verfassung und Lebensform zu widersprechen. Unsere Wirtschaftsordnung ist im wesentlichen dadurch charakterisiert, daß dem einzelnen jede Freiheit und Möglichkeit eingeräumt wird, im Rahmen der Gesetze sich wirtschaftlich zu betätigen und, sei es als Selbständiger oder auch als unselbständig Erwerbstätiger, seine Initiative, seine Begabung, seine Kenntnisse, seinen Fleiß und auch sein Eigentum individuell zum Einsatz zu bringen. Freilich ist in dieser Wirtschaftsordnung der Staat nicht dazu verurteilt, völlig untätig und machtlos Entwicklungen dem Zufall zu überlassen. Er hat die Möglichkeit, mit marktikonformen Maßnahmen generell schädigende Tendenzen zu mildern und günstige Entwicklungen zu fördern, die sich aus der wirtschaftlichen Tätigkeit des einzelnen Staatsbürgers oder auch aus mächtigen weltwirtschaftlichen Einflüssen ergeben. Eine ganz besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Arbeit der gesetzlichen Interessenvertretungen zu, weil diese nicht nur berechtigt und nicht nur praktisch in der Lage sind, sondern auch verpflichtet, den Interessen ihrer Mitglieder unter verantwortungsbewußter Wahrung des Gemeinwohls zum Durchbruch zu verhelfen. In diesem Sinne haben die Interessenvertretungen die Aufgabe, die Wirtschaftspolitik zu beeinflussen und daher an der wirtschaftlichen Entwicklung mitzubauen. Wenn diese positiv verlaufen soll, dann ist es in erster Linie notwendig, die Wirtschaftspolitik sachlich zu gestalten. Dieses Ziel kann zweifellos am ehesten durch ehrliche Zusammenarbeit und konstruktive Koordination der naturgemäß unterschiedlichen Einzelzielsetzungen erreicht werden. Daß bei den Sozialpartnern der Wille zur Kooperation besteht, beweisen das Vorhandensein und die Arbeitsweise der Paritätischen Kommission für Lohn- und Preisfragen. Dort geschieht die Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis durch Abwägen vorhandener Wünsche und deren Auswirkungen, nicht aber in Form von Diktat und dirigistischer Festsetzung erforderlicher Maßnahmen. Die Arbeit der Paritätischen Kommission war und ist auch immer dann erfolgreich und zweckdienlich, wenn alle wichtigen Maßnahmen in ihrem Bereich beschlossen werden. Sie ist dann unbefriedigend, wenn einschneidende Regelungen von einem Sozialpartner im Alleingang angestrebt werden, ohne dem anderen Teil die Möglichkeit zur Diskussion zu geben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung