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Ohnmächtige Opposition
Wenn de Gaulle bei mehreren Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht hat, daß ihm oppositionelle Strömun- . gen wenig Sorge bereiten, so scheint . sein Optimismus in der gegenwärtigen Lage fundiert: Alle verzweifelten Sammlungsversuche der verschiedenen Gruppen der Linken, die in den letzten Wochen unternommen wurden, um die Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten für. die kommende Präsidentenwahl zu realisieren, erwiesen sich als- wenig wirkungsvoll. Zwar herrscht .sowohl hpi 4ch Radikalsoziglen gjs auclj bei . ‘den Sozialisier!, hei ‘ den. Gewerkschaften a,ls auch bei den Kommunisten die Überzeugung vor, daß Heute weder die klassische Rechte noch die ehemalige politische „Mitte“ die geringsten Aussichten hätte, den General zu stürzen, und ein oppositioneller Angriff von breiten’ ‘Volkskräften’ unter Mitwirkung der meist l’inksbriöntierten fterüfs- brgänisatibrien und Arbeitnehmer- Verbände geführt werden müßte; aber ein seit 16 Jahren bestehender Bruch innerhalb der ehemaligen Volksfrontverbündeten läßt ‘Sich nicht durch eine improvisierte Aktionseinheit in so kurzer Zeit überwinden. Nach’ wie vor gibt es eine Linke im Lande, die mit der amerikanischen Politik sympathisiert, und eine andere, die.den Moskauer Parolen folgt., Nach .wie vor ist der Block der vier bis fünf Millionen -kommunistischen Wähler isoliert, da die Jakobiner und bürgerlichen Sozialisten nur sehr zögernd an den Gedanken einer- Koalition mit. den abgestempelten Statthaltern Moskaus herantreten. Nachdem selbst Mendes-France zugegeben hat, daß die Errichtung eines parlamentarischen Regimes nach dem Muster der Dritten und Vierten Republik bei der überwiegenden Mehrheit der Franzosen keine. Unterstützung finden würde, sucht man verzweifelt nach einem dritten W e g, einer Art Kompromiß zwischen klassischer Demokratie und institutioneller Stabilität. Doch vorerst ist noch kein klares Alternativkonzept zum gegenwärtigen Regime ersichtlich geworden. Jedenfalls kein Konzept, das die Massen gewinnen könnte.
Trotzdem konnten wir nach der Sommerpause beobachten, daß die dem General und seiner Linie feindlich gesonhenen Organisationen nach einer langen Pferihäe- ‘dier’ Lethargie und steriler Kritik in Bewegung geraten wären. Diese Erscheinung hat ihren Ursprung in einer Andeutung des Staatspräsidenten, daß er sich möglicherweise von der Macht zurückziehen werde. Mah übersah, daß es sich ber der vage formulierten Äußerung um éin stra- tegisches Mittel handeln konnte, da- ; zu bestimmt, die gegnerischen . Kräfte, heraüszulöcken, ,um. vor dem, .Forum djéc Nation ihre Unsicherheit und innere Zerrissenheit zu offenbaren. Erst die jüngste Erklärung lies Generals, er fühle sich kräftig genug, um sein Amt während eines wéit.eren Septennats Wahrzunehmen, mochte die Opposition über den ¿Sinn der ursprünglich gespielten Amtsmüdigkeit de Gaulles aufgeklärt haben. Inzwischen hatte Sie sich aber derart im gewünschten Sinne exponiert, daß die Reue über die hastige Sammlung zum Kampf .um, die Macht zu spät kam. Es blieb den Gegnern auf der Linken nichts anderes übrig, als Rückzugsgefechte zu führen und hinter äer Fassade neu angefachter Polemiken weiterhin um die Schaffung eines ge- ‘ schlossenen Oppositionsblocks bemüht zu sein. Diëser Prozeß dauert noch an und firtdet in Parteikongressen, Sammlungsbankefts, gemeinsamen Aktionsabreden , und Fühlungnahmen zwischen Parteiführern seinen Niederschlag.
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