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Die Bombe in der Kursmaschine

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Wenn Araber und Israelis einander im Nahen Osten bekriegen, dann ist das sicherlich sehr beklagenswert, letzten Endes aber doch ihre Sache. Wenn die Israelis dabei bisher besser weggekommen sind, obwohl sie nur 2,5 Millionen Menschen gegen SO Millionen Araber stellen, dann ist das zwar betrüblich für die Araber und sollte ihnen vielleicht auch zu denken geben, aber noch immer ihre Angelegenheit Wenn aber die Araber aus alldem den Schluß ziehen, die Israelis nicht mehr im Nahen Osten, sondern durch Mordanschläge im internationalen Zivilflugverkehr zu bekämpfen, dann ist das bereits die Sache der ganzen zivilisierten Welt. Und zwar gleichgültig, ob damit nur israelische Fluggäste und -besatzungen ums Leben kommen oder bedroht werden oder auch solche anderer Nationen.

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Wenn Araber und Israelis einander im Nahen Osten bekriegen, dann ist das sicherlich sehr beklagenswert, letzten Endes aber doch ihre Sache. Wenn die Israelis dabei bisher besser weggekommen sind, obwohl sie nur 2,5 Millionen Menschen gegen SO Millionen Araber stellen, dann ist das zwar betrüblich für die Araber und sollte ihnen vielleicht auch zu denken geben, aber noch immer ihre Angelegenheit Wenn aber die Araber aus alldem den Schluß ziehen, die Israelis nicht mehr im Nahen Osten, sondern durch Mordanschläge im internationalen Zivilflugverkehr zu bekämpfen, dann ist das bereits die Sache der ganzen zivilisierten Welt. Und zwar gleichgültig, ob damit nur israelische Fluggäste und -besatzungen ums Leben kommen oder bedroht werden oder auch solche anderer Nationen.

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Leider ist die zivilisierte Welt daran schuld, daß es so weit gekommen ist. Sie hat nicht verstanden, daß die komplexe Organisation heutigen internationalen Zusammenlebens und Verkehrs mit den Kampfmethoden arabischer Terroristen und der sie protegierenden Staaten unvereinbar ist. Bereits mit dem ersten Anschlag gegen ein El-Al-Flugzeug wurde jegliche internationale Koexistenz in Frage gestellt. Der Westen reagierte damals mit kaum mehr als einem Achselzucken und mit kurzsichtigen

Rücksichten auf geschäftliche und andere Beziehungen zu den arabischen Staaten.

Nun, da von den ermordeten 47 Menschen in dem Swissair-Flug-zeug nur 13 Israelis waren und unter den durch den Anschlag auf die AUA-Kursmaschine Frankfurt— Wien überhaupt keine, nimmt man die Sache etwas ernster. Freilich versucht man sich noch immer billig aus der Affäre zu ziehen, indem man wie die britischen und die französischen Fluglinien den Verkehr mit Israel

drosselt oder gar einstellt und nicht etwa mit jenen Ländern, aus denen die Mörder mit Waffen, Pässen, Geld und, wenn nötig, Advokaten ausgerüstet herkommen. Der moderne Luftverkehr ist ein so komplizierter Organismus und an so vielen Stellen verwundbar, daß ein hundertprozentiges Sicherungs-syatem unmöglich ist und auch ein neunzigprozentige Sicherung nicht unbeschränkt lange aufrechterhalten werden kann.

Doch selbst die ernsthaften Sicherheitsmaßnahmen, die nun erwogen und organisiert werden, sind in Wirklichkeit illusorisch. Sie sind es angesichts der feinen Organisation und Anfälligkeit des internationalen Verkehrs, und sie sind es erst recht gegenüber dem schier unerschöpflichen Reservoir, aus dem sich di arabischen Terroristen, politisch, finanziell und organisatorisch von den arabischen Staatsregierungen und Staatsapparaten offen proklamiert, unterstützt rekrutieren. All das kann nicht mehr durch Sicherheitsmaßnahmen der Polizei bekämpft werden, fällt nicht mehr ins Ressort der Innenminister, sondern der Außenminister und der internationalen Politik. Manchen mag diese Erwägung und diejenige von Kollektivmaßnahmen erschrecken. 47 Tote mögen nicht viel zählen, angesichts der so bedeutsamen Beziehungen eines Staates zu einem anderen. Jede dieser internationalen Beziehungen ist jedoch Regeln unterworfen. Ein ganz einfacher Mann hat dem Verfasser nach dem Bekanntwerden der beiden Anschläge eine ebenso einfache Frage gestellt: „Wie soll man denn wissen“, fragte er, „daß so ein Araber, den man bei uns wo trifft, ein Student oder sonst was, daß der nicht auch so ein Mörder ist?“ Diese Frage wäre an sich leicht zu beantworten. In jedem Volk gibt es einige wenige Mörder. Wie läßt sich die Frage jedoch beantworten, wenn die Regierungen dieser Länder den Mördern jegliche Unterstützung und Toleranz gewähren, ja politische Bedeutung einräumen? Mag sein, daß die gesellschaftliche und politische Entwicklung in diesen Ländern so beschaffen ist, daß sie sich über derartige Formen des politischen und militärischen Kampfes noch nicht zu erheben imstande sind. Um so nötiger ist es aber dann, daß jene Länder, die es besser wissen, ihnen eindrücklich bedeuten, daß sie die Vorteile des internationalen Zusammenlebens nur genießen können, wenn sie seine Normen achten. Doch auch daran haben es die sogenannten entwickelten Länder die längste Zeit arg fehlen lassen. Sonst wäre es beispielsweise nicht möglich gewesen, daß zuletzt ein Staat wie Syrien, der auch nur die formale Einhaltung des Waffenstillstandes im' Nahen Osten ausdrücklich abgelehnt hat, in -den Sicherheitsrat der UNO aufgenommen wurde, dessen Aufgabe es ist, über die Sicherheit der Welt zu wachen. Angesichts der Tausenden, die im Nahen Osten in den letzten Jahren umgekommen sind, mögen die 47 aus dem Swissair-Flugzeug tatsächlich wenige sein. Unter gewissen Umständen jedoch erlangt eine geringe „Quantität“ eine besondere „Qualität“ und Bedeutung für den weiteren Gang der Dinge.

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