Wahlen und Demokratie - © Foto: iStock/smartboy10 (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)

Neuwahlen könnten die Zivilgesellschaft mobilisieren

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Der Burger-Sager und viele weitere politische Skandälchen lassen die Rufe nach Neuwahlen immer lauter werden. Aber sind Neuwahlen überhaupt gesellschaftlich zu verantworten? Politik-Redakteurin Brigitte Quint sagt "Ja".

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Der Burger-Sager und viele weitere politische Skandälchen lassen die Rufe nach Neuwahlen immer lauter werden. Aber sind Neuwahlen überhaupt gesellschaftlich zu verantworten? Politik-Redakteurin Brigitte Quint sagt "Ja".

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I ch fürchte ja. Die Argumente, man würde damit Herbert Kickl den roten Teppich ausrollen und gewisse Vorhaben der Regierung – vor allem jene zum Klimaschutz, zur Pflege, zur Kinderbetreuung – fahrlässig stoppen, sind zu schwach. Zu Kickl: Laut Umfragen würde die FPÖ derzeit stärkste Partei werden. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass sich politische Stimmungslagen auch drehen können. Das Damoklesschwert eines „Kanzler Kickl“ könnte auch Kräfte mobilisieren. Man sollte die Zivilgesellschaft in Österreich nicht unterschätzen. Es ist durchaus möglich, dass sich unterschiedlichste Gruppierungen formieren, um gemeinsam gegen eine Orbanisierung Österreichs vorzugehen. Angefangen von den Glaubensgemeinschaften, über soziale Verbände, NGOs, Schüler(innen)vertretungen, Elternverbände bis hin zur Kulturszene. Auch wären die Sozialdemokraten (aber auch die Neos) gezwungen, sich ins Zeug zu legen. Mitnichten halte ich Andreas Babler für den Traumkanzler schlechthin – aber er ist ein Menschenfreund, lernfähig, motiviert und vor allem keine Gefahr für das Land. Letzteres gilt auch für Karl Nehammer.

Aber: Dass die ÖVP bei der vergangenen Nationalratswahl so stark war, ist nicht ihm, sondern Sebastian Kurz zu verdanken. Ein Teil der Wählerschaft lag dessen Inszenierung auf. Seine Versprechungen haben sich bekanntlich in Schall und Rauch aufgelöst. Karl Nehammer war nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und es wird langsam Zeit, dass man in Frage stellt, ob dieser Ort der richtige für ihn ist. Zum Argument, man solle die Regierungsarbeit nicht unterbrechen: Neuwahlen bedeuten schließlich nicht, dass übermorgen gewählt wird. Davor geht ein langer und mühsamer Wahlkampf vonstatten. Die Regierungsparteien würden vermutlich sogar punkten, wenn sie zeigten, dass sie trotz Wahlkampf ihre Arbeit fortführen können und nicht aus machttaktischen Gründen Reformen verweigern. Es stimmt schon, das ist unwahrscheinlich – was die Regierungsverantwortlichen wiederum einmal mehr entzaubern würde. Übrigens allen voran die Grünen, bei denen immer weniger klar wird, für was sie eigentlich stehen. Ihnen scheint es vorrangig darum zu gehen, an der Macht zu bleiben. Ein Wahlkampf, innerhalb dessen sie sich klar positionieren müssten, dürfte (nicht nur) der Partei gut tun.

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