Lieferkettenregeln: Aus auf den letzten Metern?

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Nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen tritt Österreichs Wirtschaftsminister Martin Kocher plötzlich gegen EU-weite Sorgfaltspflichten für Unternehmen auf. Warum? Ein Gastkommentar.

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Nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen tritt Österreichs Wirtschaftsminister Martin Kocher plötzlich gegen EU-weite Sorgfaltspflichten für Unternehmen auf. Warum? Ein Gastkommentar.

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Vor zwei Jahren, am 23. Februar 2022, hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit präsentiert. Mit ihr sollen große Unternehmen (man geht von etwa 14.000 Unternehmen aus, das sind weniger als ein Prozent aller EU-Betriebe) dazu verpflichtet werden, die negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt durch ihre Geschäftstätigkeit in ihren Wertschöpfungsketten zu minimieren. Bei Zuwiderhandeln drohen Verwaltungsstrafen und allenfalls ­zivilrechtliche Verfahren.

Dem Vorschlag vorausgegangen sind jahrelange Überlegungen, eine öffentliche Konsultation mit fast einer halben Million Stellungnahmen aus ganz Europa, intensive Beratungen mit den Sozialpartnern und eine ausführliche Studie der EU-Kommission zu Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten. Allen Beteiligten und Betroffenen war also seit geraumer Zeit bekannt, dass eine solche EU-Richtlinie in Vorbereitung ist. Bis dahin hatten bereits Frankreich und Deutschland eigene Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten eingeführt, andere Mitgliedstaaten (Belgien, Niederlande, Luxemburg und Schweden) planten dies in naher Zukunft, die Niederlande haben zudem bereits ein zielgerichteteres Gesetz über Kinderarbeit eingeführt. So gesehen gab es also auch den Bedarf für eine EU-weite einheitliche Grundsatzregelung. Unternehmen wären anderenfalls mit unterschiedlichen Vorschriften und Anforderungen konfrontiert, wenn sie im EU-Binnenmarkt tätig werden.

Nein zum verhandelten Kompromiss

Seit zwei Jahren wird nun also dieser Vorschlag für eine EU-Lieferkettenrichtlinie in den zuständigen EU-Gesetzgebungsgremien Ministerrat und Europaparlament ausführlich diskutiert. Am Ende konnte man sich im Dezember des Vorjahres nun endlich zwischen Kommission, Rat und Parlament auf einen Kompromisstext einigen. Dieser Kompromiss stand am 9. Februar auf der Tagesordnung des zuständigen EU-Botschafterausschusses zur finalen Abstimmung. An sich nur noch eine Formalität. Doch plötzlich ließ Wirtschafts­minister Kocher damit aufhorchen, dass er diesem Kompromiss nicht zustimmen könne. Österreich würde sich daher bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Was war passiert?

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