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Digital In Arbeit

Ein bunter Blätterwald

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Die Grün-Alternativen drängen auf den Medienmarkt. Mit „Grünspecht“ , “Brennessel“ und ,.Transparent“ lösen sie Parteizeitungen herkömmlichen Stils endgültig ab.

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Die Grün-Alternativen drängen auf den Medienmarkt. Mit „Grünspecht“ , “Brennessel“ und ,.Transparent“ lösen sie Parteizeitungen herkömmlichen Stils endgültig ab.

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Grün vor Augen könnte es einem werden bei dem Blick in den heimischen Blätterwald, so unüberschaubar groß ist die Anzahl der Umweltschutzzeitschriften und Informationsbroschüren aus der „grünen“ Szene Österreichs. Von „Grünspecht“ bis „Brennessel“ . Das verfassungsmäßig geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung wird hier öffentlich ernst genommen.

Aber auch von deren erklärter offizieller Vertretung, dem Parlamentsklub der „Grünen Alterna-

tive, Liste Freda Meißner-Blau“ , wird in Kürze ein Zeitungsprojekt gestartet, das dem Leser die Parlamentsarbeit der Grünen näherbringen soll. Eine Parteizeitung für diese „Zeitungspartei“ also. Und das angesichts des endgültigen Sterbens der weitaus älteren Parteizeitungen der beiden Großparteien.

Der Begriff Parteizeitung und der damit verbundene Sinninhalt stimmt für das grüne Unterfangen allerdings zweifach nicht: Erstens sind die Grünen keine Partei (Pressesprecher Pius Strobl), und zweitens ist der Themenbereich der geplanten Zeitung „Transparent“ nur auf Parlamentsberichterstattung begrenzt.

An und für sich stellt dies ein Novum in der österreichischen Parlamentsgeschichte dar. Denn über die eigentliche Arbeit innerhalb des Parlaments und der Fraktionen gab es bis jetzt, von der medial kaum beachteten Parlamentskorrespondenz abgesehen, kaum Informationen in der Öffentlichkeit. Ein Manko - darin sind sich die Pressesprecher auch der beiden Großparteien einig.

Wer nicht zumindest die Streitigkeiten um einen Ackerverkauf, beispielsweise, in einem ländlichen Gemeinderat erlebt hat.

kann sich von der Arbeit in den demokratischen Institutionen kaum ein Bild machen.

Pius Strobl: „Die grüne Bewegung macht nun Erfahrungen mit dem Parlamentarismus — und darüber werden wir berichten.“

Für die Idee einer Parlamentszeitung könnten sich auch Pressesprecher aus ÖVP und SPÖ erwärmen, trotzdem scheint es mit der Zusammenarbeit — die (parlamentarischen) „Greenhorns“ wollen ja nicht nur über sich berichten - nicht so gut bestellt zu sein.

Bruno Aigner, Pressesprecher des SPÖ-Klubs: „Eine enge Zusammenarbeit ist nur schwer vorstellbar.“ Dabei findet auch er die Informationstätigkeit über die Arbeit im Parlament wichtig, denn „die parlamentarische Tätigkeit blüht im Dunkeln“ . Auch Ingrid Griessler, Pressereferentin des ÖVP-Klubs, findet die Idee der Parlamentszeitung ..im Prinzip gut“ , nur, „wenn sie von den Grünen allein gemacht wird, und nächste Woche bereits das erste Exemplar erscheint, ohne daß die je mit uns Kontakt aufgenommen haben, kann ich mir nicht vorstellen, daß sie an Zusammenarbeit interessiert sind“ .

Mit 80.000 Werbeexemplaren soll in den nächsten Wochen für „Transparent“ geworben werden. Realistische Schätzungen vom Redaktionsverantwortlichen sprechen von 10.000 erwarteten Abonnenten. Als Herausgeber zeichnet ein Verband von Klub, Partei und Bildungswerkstatt der Grünen (für diese drei Institutionen gibt es staatliche Parteiförderungsgelder).

Beim Nachbarn Deutschland gibt es bereits Beispiele für eine Parlamentszeitung. Dort allerdings wird sie offiziell vom Bundestag herausgegeben und von allen Parteien unterstützt. Sollte die Idee der Grünen Wurzeln schlagen, könnte das „Zeitungsgewächs“ grundsätzlich in zwei Richtungen austreiben. Fritz Zaun, Gemeinderat in Baden bei Wien: „Erstens in Richtung theoretisches Organ und Diskussionsplattform, zweitens zur umfangreicheren Zeitschrift über Widerstand und Initiativen.“

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