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Filme wie Kammermusik

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Jenseits klingender Namen wie Ingmar Bergman oder Greta Garbo hat sich in Schweden eine neue Filmszene entwickelt, die ihre Probleme hat und ihre Glanzlichter. Die Schwedischen Filmtage in der Wiener Urania, bieten einen Einblick in das Geschehen.

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Jenseits klingender Namen wie Ingmar Bergman oder Greta Garbo hat sich in Schweden eine neue Filmszene entwickelt, die ihre Probleme hat und ihre Glanzlichter. Die Schwedischen Filmtage in der Wiener Urania, bieten einen Einblick in das Geschehen.

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Urania, Mittlerer Saal, das ist ganz hinten, dort, wo normalerweise die kleinen Zuschauer fasziniert den Aufführungen des Kasperltheaters folgen.

Mittlerer Saal, das ist nicht das große Urania-Kino mit seinen bequemen Sesseln, wo in der Regel gute, aber kommerzielle Filme gezeigt werden. Mittlerer Saal, das wirkt ein wenig altmodisch, ein wenig verstaubt, harte Holzbänke - keine unangenehme Umgebung für Kinoliebhaber.

Und diese, die Kinoliebhaber, folgten im vergangenen Jahr überraschend zahlreich der Einladung der Schwedischen Botschaft zu den ersten Schwedischen Filmtagen in Wien. Filme von Frauen waren da zu sehen, und zwar nicht aus Gründen des Feminismus, sondern weil es unter den schwedischen Filmemachern von heute eine Reihe interessanter Frauen gibt.

Eine von diesen Regisseurinnen ist Agneta Fagerstrom Olsson, deren Film „Seppan" letztes Jahr zu sehen war. Eine Kindergeschichte eigentlich, die zeigt, wie schwedische Kinder in der Nachkriegszeit ihren Alltag erleben, Feste feiern, soziale Spannungen nicht verstehen und sich ihre eigene kleine Welt schaffen. Neben einer einfühlsam und poetisch erzählten Geschich-

te tat sich da dem Zuschauer auch ein Blick in eine unbekannte Umgebung auf. Denn: was wissen wir hier schon über schwedische Zeitgeschichte?

Auch heuer wird wieder ein Film dieser Art zu sehen sein, und zwar „Gute Menschen" von Stefan Jarl. Die Geschichte eines Buben, der mit seinem Vater neu in ein kleines Dorf gezogen ist.

Es sind hauptsächlich ruhige Filme, die ohne besondere technische Raffinessen oder Massenszenen Ge-

schichten erzählen, realistisch und doch poetisch. „Filme wie Kammermusik" sind es, meint die Organisatorin, Botschaftsrätin Agneta Bohmann. Als Eröffnungsfilm wird der Streifen „Guten Abend, Herr Wallenberg" von Kjell Grede zu sehen sein, der in das Ungarn des Jahres 1944 fuhrt, wo Wallenberg durch sein Engagement Tausenden Juden das Leben gerettet hat. Trotz des besonderen geschichtlichen Hintergrundes hat auch dieser Film etwas Feines und Poetisches: „Es ist die persönliche Annäherung an die Geschichte eines Helden", sagt Bohmann.

Psychologische Themen, wenig Action und ausdrucksstarke Bilder -das sindja Elemente, die man aus dem schwedischen Film sehr gut kennt,

eben von Altmeister Ingmar Bergman her. Ist das eine Tradition, die sich von ihm ausgehend fortgesetzt hat?

Agneta Bohmann gibt hier keine eindeutige Antwort: Er übe sicher immer noch großen Einfluß aus, aber eher auf einer unbewußten Ebene, sagt sie. Bergman sei nun einmal Teil des nationalen Kulturerbes. Andererseits gäbe es natürlich auch das Bedürfnis, sich davon frei zu machen, etwas ganz Eigenes zu schaffen.

Ganz leicht dürfte das den schwedischen Filmemachern aber nicht fallen, sie haben nämlich im Moment mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. „Schweden ist ein kleines Filmland, ähnlich wie die Schweiz oder auch Österreich, da gibt es wenig Geld für den Film", erzählt Bohmann, „in traditionellen Filmländern wie etwa Frankreich ist das anders."

Gerade deshalb ist es auch ein Anliegen von Seiten der Botschaft, Einblick in das Filmschaffen zu bieten, denn andere Künste, etwa die Musik, finden leichter Verbreitung, auch ohne bewußte Unterstützung. Literatur und Kino bedürften dagegen einer bestimmten Förderung, meint die Botschaftsrätin.

Und der Erfolg scheint ihr rechtzugeben: die schwedischen Filmtage im Vorjahr waren nämlich als einmalige Veranstaltung geplant. Der Erfolg war aber so groß, daß es heuer eine Neuauflage gibt: von 17. bis 27. Jänner, jeweils um 19 Uhr bei freiem Eintritt. Die Filme werden in schwedischer Originalfassung mit deutschen beziehungsweise englischen Untertiteln gezeigt, Urania, Mittlerer Saal. Sie wissen schon, auf Holzbänken.

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