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Geschöpf Gottes

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Nach christlicher Auffassung ist der Mensch ein Geschöpf Gottes. Was sagt das Wort „Geschöpf” über den Menschen und über Gott?

Geschöpfsein bedeutef.Der Mensch ist nicht sein eigener Schöpfer, er ist auch nicht souveräne^ Herr seiner selbst. ,Am eindrucksvollsten erfährt der Mensch in Geburt und Sterben seine Passivität, und er wird inne, daß über ihn verfügt ist, daß er sich nicht selbst verdankt, daß er sich vorfindet, empfängt, entgegennimmt, daß er angewiesen ist, daß seine Zukunft ungewiß und unsicher bleibt” (Heinrich Fries).

Die Erfahrung der Geschöpf-lichkeit ist negativ leidvoll, aber auch positiv beglückend. Es ist leidvoll, die Endlichkeit in all ihren Dimensionen zu erleben: im Scheitern, im Mißlingen, in der Erfahrung der vielen Grenzen und des Unvermögens. Geschöpfsein wird aber auch positiv erfahren: als Geliebt- und Beschenktwerden, als Hilfe, als Gunst der Umstände, als Gelingen. Aufschlußreich für diese Erfahrung ist das Wort „Gott sei Dank”, das angesichts solcher Erlebnisse vielen Menschen spontan über die Lippen kommt. Es bringt zum Ausdruck, daß wir vieles verdanken, selbst das Gelingen des eigenen Tuns.

Im Geschaffensein gründet auch die Würde und Unantastbarkeit der menschlichen Person. Jeder Mensch als Geschöpf Gottes — als sein Ebenbild und Gleichnis — hat Anteil an der Würde und Unantastbarkeit Gottes.

Weil der Mensch Ebenbild und Gleichnis Gottes ist, ist er auch in seinem Denken, Wollen und Handeln offen für die Transzendenz. „Wenn der Mensch fragt, wenn er erkennen will, wenn er nach etwas strebt, dann gehen diese Akte zunächst auf einzelnes, auf ein ganz Bestimmtes. Aber bei diesem einzelnen bleibt der Mensch nicht stehen; er erschöpft sich nicht darin. Jede Erkenntnis wird der Anfang neuer Fragen, alles Erreichte wird zum Antrieb neuen Suchens und Strebens. Das bedeutet: Erkennen, Wollen und Streben gehen auf das Unbegrenzte, das Grenzenlose” (Heinrich Fries).

Der Mensch sucht immer mehr, als er findet. Er sucht nach dem Absoluten, dem Unendlichen, dem Unbedingten und kann sich mit Begrenztem nicht zufriedengeben. Er ist — nach den Worten des heiligen Augustinus — unruhig, bis er Ruhe findet in Gott.

Das Wort „Geschöpf ist ein theologischer Begriff. Es offenbart uns etwas über den Menschen und über Gott. Wenn der Mensch Geschöpf ist, dann ist Gott der Schöpfer. Aus dem Werk läßt sich das Wesen seines Schöpfers erahnen.

14. Teil einer am Buch „Fundamentaltheologie” von Heinrich Fries (Sty-ria 1985) orientierten Serie.

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