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Griff in Pensionistentaschen

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„Eine neue Regierung müßte alles tun, um die Preisentwicklung wieder in den Griff zu bekommen. Dies ist der ÖVP-Regierung nicht gelungen, die durch ihre Politik der Steuer-, Gebühren- und Tariferhöhungen geradezu Preissteigerungen provoziert hat…“, berichtete die „Arbeiter-Zeitung“ am 15. Februar 1970, als der Wahlkampf für die Nationalratswahlen am 1. März voll entbrannt war-. Und der damals noch rot angehauchte „Express“ wußte zu melden: .„Die Sozialistische Partei ist entschlossen, der Verdünnung des Geldwertes entgegenauwirken.“

Der Zahlenspiegel der Preisentwicklung der Jahre 1965 ‘bis 1970 zeigt aber ein verblüffendes Bild: Das letzte Jahr der rot-schwarzen Koalition brachte eine fünfprozentige GeMwertverdünnung, in der ÖVP- Alleinregierung betrug die Steigerung 1966 bloß 2,2 Prozent, 1967 waren es 4, 1968 2,8 und 1969 3,1 Prozent.

„Inflatiönchen“

Nach dem Tapetenwechsel im Bundeskanzleramt ging es mit der Preiskurve allerdings wieder aufwärts. 1970 brachte den Österreichern durchschnittliche Preissteigerungen von 4,4 Prozent und die Gewißheit, daß der neue Mann am Ballhausplatz und sein Finanz- minister einer anrollenden Preislawine wenig wirksame flankierende Maßnahmen entgegensetzten. An Stelle des Eingeständnisses wurde verharmllost. Das „Inflatiönchen“, meinte Handelsminister Staribacher, kann doch niemanden ernstlich bekümmern.

Tatsächlich begann die Preis-Eskalation aber schon im April 1970. Damals lag der Indexwert für die

Rentner und Pensionisten nur geringfügig über dem Durchschnitt des Jahres 1969 von 3,4 Prozent. Im Mai schließlich kam anscheinend der „neue Stil“ gleichsam zum Durchbruch und äußerte sich in einem Indexzuwachs von 0,6 Prozent. So ein schlechtes Monatsergebnis hatte es in all den Jahren der Klaus- Regierung nicht gegeben. Aber auch in den nächsten Monaten gelang es der Regierung nicht, die Preig- gespenster zu zähmen. Letzten Endes .wurde daraus immer nur,, ein Griff in die Taschen der Konsumenten. Unterdessen pendelte der Index der Pensionisten um 5,5, 5,6 und 5,7 Prozent und lag damit noch ein Prozent über dem ohnedies recht saftigen allgemeinen Verbraucherpreisindex. Nun aber 1st die Regierung auf dem besten Weg, auch international bemerkenswerten Werten entgegenzusteuern. Der Jahresvergleich März

1970 bis März 1971 weist aus, daß genau ein Jahr nach den National- ratswahlen die Pensionisten mit einer Indexsteigerung von 5,9 (!) Prozent die Ärmsten sind.

Teuerungszulage

Die ab 1. Mai 1965 wirksame Pensionsdynamik wird nun faktisch zunichte gemacht. Von der Steigerung der Mindestpensionen von 1333 Schilling um 7,1 Prozent am 1. Jänner

1971 auf 1428 Schilling ließ die Regierung tatsächlich nur 1075 Schilling im die Taschen dieser Pensionsbezieher. 88,7 Prozent der Aufbesserung fressen die gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Gegenwärtig muß man also fest- steilen: Durch die Preissteigerungen wurde die Pensionsdynamik tatsächlich in eine Teuerungszulage um- funfctioraiert.

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