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Bald 100 Prozent hausgemacht!

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Rascher als allgemein erwartet, wird im Jahre 1976 wieder die Inflationsbekämpfung im Mittelpunkt der Aufgaben der Bundesregierung und der Notenbank liegen, und die Erfolge werden ausbleiben.

Zwar blieb im Februar 1976 die Preissteiigerungsrate, gemessen als Jahresabstand, mit 7,3 Prozent gegenüber Jänner 1976 unverändert und lag nur einen halben Prozentpunkt über der Preissteigerungsrate von 6,8 Prozent vom Dezember 1975, einem Tiefstand der Inflation, der schon seit Jahren, genau seit September 1973, nicht mehr erreicht wurde.

Doch der Vergleich von Jahresab-ständen des Preisindex läßt die Beschleunigung der Inflation gar nicht so deutlich erkennen, wie die mit 12 multiplizierte Monätsverände-rung. Gemessen an den monatlichen Veränderungen des Preisindex hatte Österreich Ende 1975 bereits deutliche Stabilisierunigserfolge aufzuweisen. Eine Fortsetzung dieser geringen Aufwärtsbewegung des Preisindex hätte uns spätestens Sommer 1976 eine Inflationsrate von 5 Prozent gebracht.

Im Jänner 1976 aber beschleunigte sich wieder der Preisanstieg. Dank der Erhöhung der Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte und der Erhöhung der Posttarife (um 50 bis 200 Prozent) stieg der Preisindex von Dezember 1975 bis Jänner 1976

um 1,6 Prozent oder, mit 12 multipliziert und so auf das Jahr umgelegt, um 10,2 Prozent an. Würde die Monatsveränderung des Preisindex in allen folgenden Monaten des Jahres 1976 so stark ausfallen, so hätte Österreich Ende 1976 eine Inflationsrate von 19 Prozent.

Nun kann man einwenden, dieser Preisschub im Jänner 1976 sei einmalig gewesen. Leider nein. Auch im Februar 1976 stieg der Preisindex gegenüber dem Monat Jänner um 1,1 Prozent oder mit einer Jahresrate von 13,2 Prozent an. Und diese Preisexplosion erfolgte noch ohne Benzinpreis-, Strom- und Gaspreiserhöhung. Nicht zufällig wird die Benzinpreiserhöhung von der Regierung verzögert.

Im Frühjahr, spätestens aber mit der neuen Marktordnung wird es auch zu einer empfindlichen Verteuerung mancher Agrarprodukte kommen, wie überhaupt die Zeit, in der die Lebensmittelpreise im Verhältnis zu den Preisen der anderen Konsumgüter schwächer anstiegen, vorüber sein dürfte.

Verständlich, daß die Regierung jetzt versucht, mit kosmetischen Operationen die wahre Situation zu verschleiern. So wollte sie die Strompreiserhöhung um 10 Prozent per 1. März 1976 nicht im Preisindex berücksichtigt wissen, da es sich ja „nur um eine Akontozahlung auf die Strompreiserhöhung von 17 Pro-

zent per Jänner 1977 handelt“. 1977 wäre diese Erhöhung aber vielleicht ganz untergegangen, da man im Jänner 1977 einen neuen Preisindex mit der Basis 1976 veröffentlichen wird und in diese neue Basis hätte man dann die Erhöhung still eingerechnet.

Noch gibt es aber eine unabhängige Indexkommission, die diese Fragen entscheidet. Sie wird sich wahrscheinlich für die Berücksichtigung der Strompreiserhöhung wie der Preiserhöhung der Haftpflicht noch im März 1976 aussprechen, so daß sich die im Index erfaßte Inflation im März 1976 weiter beschleunigen wird.

Wie sehr auch die anderen Rahmenbedingungen für eine konsequente Stabilitätspolitik ins Wanken gekommen sind, hat zuletzt der ehemalige Nationalbankpräsident Wolfgang Schmitz in der FURCHE aufgezeigt (9/76).

Schließlich stellt eine Wachstumsrate des österreichischen Geldvolumens von 17,7 Prozent nicht gerade einen Stabilisierungsbeitrag der Notenbank dar, von der preistreibenden Kraft des Budgetdefizits ganz abgesehen. Es gibt daher heute viele Nationalökonomen in Österreich, die nicht nur auf den Konjunkturaufschwung warten, sondern auch eine baldige Beschleunigung der Inflation als sicher annehmen, diesmal zu 100 Prozent hausgemacht.

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