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Kapital nicht abströmen lassen

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Die von der österreichischen Nationalbank mit Wirkung vom 11. September vorgenommene Erhöhung der Bankrate von 3 / auf 4 /4 Prozent hat in der Öffentlichkeit ein starkes Echo ausgelöst, obwohl das Pro und Kontra einer solchen Maßnahme bereits früher gelegentlich erörtert worden war. Für diesen Schritt sprach eine Reihe von Gründen, die im einzelnen zwar ihrem Gewicht nach unterschiedlich, in der Summe aber schwerwiegend genug waren.

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Die von der österreichischen Nationalbank mit Wirkung vom 11. September vorgenommene Erhöhung der Bankrate von 3 / auf 4 /4 Prozent hat in der Öffentlichkeit ein starkes Echo ausgelöst, obwohl das Pro und Kontra einer solchen Maßnahme bereits früher gelegentlich erörtert worden war. Für diesen Schritt sprach eine Reihe von Gründen, die im einzelnen zwar ihrem Gewicht nach unterschiedlich, in der Summe aber schwerwiegend genug waren.

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Im außenwirtschaftlichen Bereich ist festzustellen, daß das internationale Zinsniveau in. den letzten beiden Jahren außerordentlich stark gestiegen ist. Vergleicht man die Eurodollarsätze für drei Monatsigelder im September 1969 mit den Sätzen vor zwei Jahren (als die Bankrate 4 /s Prozent betrug), so ist eine Erhöhung um zirka 6 Prozent auf etwas über 11 Prozent festzustellen. Diese Entwicklung ist im wesentlichen die Folge der von den Leitwährungsländern aus Zahlungsfoilanzgründen und zur Inflationsbekämpfung betriebenen Politik des teuren Geldes. In den meisten Industrieländern Westeuropas wurde dem Anstieg des internationalen Zinsniveaus durch eine in mehreren Schritten erfolgte Erhöhung der Bankrate Rechnung getragen, vorwiegend um dem sich verstärkenden Kapitalabfluß entge-

genzuwirken. Diskontsätze in einem früher als „exotisch” apostrophierten Ausmaß von sechs bis neun Prozent sind heute gang und gäbe.

Dennoch kann ein tieferes heimisches Zinsniveau bewußt angestrebt werden, sei es um einen Anreiz für einen Geld- oder Kapitalexport zu bieten, oder sei es zur Überwindung einer wirtschaftlichen Rezession im Wege der Verbilligung dies Geldes. Letzteres war 1967 der Fall, als in Österreich im Rahmen eines umfassenden Konjunkturbelebungsprogramms zwischen Bundesregierung, Notenbank und Sozialpartnern die Bankrate in zwei Etappen von 4M auf 3 /i Prozent gesenkt wurde. Damals bestand international eine schwache Konjunktur, und es drohte eine Stagnation der österreichischen Wirtschaft. Immerhin konnte aber ein Absinken der Konjunktur damals auf einem Niveau von 3,1 Prozent aufgefangen werden.

Keine restriktive Politik

Hinsichtlich des Kapitalexportes gibt nicht dier damit verbundene Devisenverlust zu Bedenken Anlaß, sondern der Liquidiitätseffekt Vom Zahlungsbilanzdefizit geht ein kontraktiver Effekt auf das Geldvolumen aus, der von der Notenbank durch Kreditschöpfung kompensiert werden müßte, wenn keine konjunkturdämpfende Wirkung ausgelöst werden soll. Für eine restriktive Politik besteht jedoch vorderhand keine Veranlassung. Im Stadium der Überhitzung befindet sich aber die österreichische Konjunktur zur Zeit noch nicht

Keine automatische Kreditverteue- rung

Hinsichtlich der binnemwirtschaft- lichen Auswirkungen ist zu bedenken, daß die Erhöhung des Diskontsatzes um 1 Prozent keinesfalls eine generelle automatische Steigerung der Kreditkosten im gleichen Ausmaß bedeutet, zumal in Österreich im allgemeinen keine fixe Relation zwischen der Bankrate und der Höhe der KreditkondiMonen besteht. Anderseits wäre es illusorisch, in einer Periode der konjunkturellen Expansion von der Verteuerung des No- tenbanikkredits überhaupt keine Wirkung zu erwarten; die Überwälzung auf die Kreditkonditionen ist nun einmal mit dem Wesen der Dis- kontsatzerhöhung verknüpft. Maßgebend für die Gestaltung der Kreditkosten sind verschiedene Faktoren, wie die Konkurrenz ausländischer Kreditfazilitäten und die Liquiditätslage des Kreditapparates, das Ausmaß des Kreditbedarfs usw.

Schließlich darf nicht vengessen~wer- den, daß mit 4s/ Prozent die österreichische Bankrate jenen Stand nur unwesentlich überschreitet, der lange Jahre hindurch (4VJ Prozent), zuletzt von Mitte 1963 bis Frühjahr 1967, als ein Niveau mit neutralem Charakter angesehen wurde.

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