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Kein Zurück zur Urmutter

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Sind Unterschiede zwischen Mann und Frau nur Rollenklischees? Nein -antwortet Christof Gaspari in seinem neuen Buch. Die bekannte deutsche Psychologin Christa Meves analysiert das Werk.

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Sind Unterschiede zwischen Mann und Frau nur Rollenklischees? Nein -antwortet Christof Gaspari in seinem neuen Buch. Die bekannte deutsche Psychologin Christa Meves analysiert das Werk.

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Ein dringend nötiges Buch ist geschrieben worden. Es räumt — auf dem Boden des neuesten Standes der internationalen Forschung über Geschlechterpsychologie, der Hirn- und Hormonforschung stehend — auf mit der die Wahrheit verdunkelnden Gleichheitsideologie von Mann und Frau.

Diese Ideologie, die an Schulen (und Universitäten!) als Wissen-

Schaft gelehrt wurde (und wird) in dem Bestreben durch Abbauen des sogenannten „Rollenklischees” den Fortschritt durch An-gleichung der Frau an den Mann zu erreichen, wird von Christof Gaspari unverblümt entlarvt: „Die geistigen Wurzeln dieser Grundausrichtung auf Befreiung (der Frau) aus erniedrigenden Abhängigkeiten sind in den gesellschaftlichen Theorien von Karl Marx und seinen Anhängern zu suchen”—eine Behauptung, die er mit reichen Zitaten belegt.

Diese verdienstvolle Arbeit auf dem Boden seriöser Forschung ist eine echte Befreiung; denn der Autor hat sich die Mühe gemacht, die von der Wissenschaft erkannten und sogar neurologisch und hormonell bedingten Geschlechterunterschiede in der nötigen Breite und Differenziertheit zusammenzufassen.

Gaspari bringt nicht nur die neuen Forschungsergebnisse über das unterschiedliche Verhalten männlicher und weiblicher Säuglinge (das die verabsolutierte Milieutheorie der Ideologen widerlegt), er stellt Kapitel für Kapitel die unterschiedlichen Nuancen in den „zwei Arten, Mensch zu sein” dar und konstatiert z. B.: „Mädchen und Knaben spielen anders”; „Frauen haben eine besondere Begabung, mit Menschen in Beziehung zu treten”; „Frauen sind redebegabter”; sie sind einfühlsamer, Männer in Einzelfunktionen besonders leistungsfähig,” aggressiver und daher durchsetzungsfähiger; sie haben durchschnittlich mehr Begabung für Mathematik, sie denken eher in Strukturen und Modellen, usw...

Diese Forschungsergebnisse waren zwar von nicht ideologi-sierbaren Zeitgenossen auch schon aus anderen Publikationen lernbar (Flad-Schnorrenburg, II-lies, Merz, Meves, Neuer, Sulle-rot); neu ist an dem Buch das Umfassende der Belege, wie auch die kühnen Schlußfolgerungen aus den wesensmäßigen Unterschieden:

Gaspari appelliert in einem sehr persönlich gehaltenen Schlußteil an die Männer, ihre einseitige Neigung zur verkopf ten Funktionalität einzudämmen und sich von den Frauen die größere Feinfühligkeit abzugucken, dem Geist der Personalität mehr Raum zu geben, um unsere Welt nicht an Unmenschlichkeit und technizi-stischer Maßlosigkeit zugrunde zu richten — ein existentiell notwendiger Appell; denn auch in der so dringlichen Hinwendung zur Religion kann und soll wohl die Frau die Voranlaufende sein.

,,Er gehört nicht als Däumling in die Rocktasche der großen Urmutter”

Ein modernes Dilemma scheint mir freilich dabei nicht ausgeräumt zu sein: Von der entweib-lichten Frau kann der Mann diese seine Emanzipation von der Hy-bris zur Hingabe nicht mehr lernen; und die feministisch ideolo-gisierte Frau wird ungewollt unversehens zum Vehikel des Totalanspruchs dschungelhafter Natur, die durch die Kultivierung unserer beiden Jahrhunderte lediglich zurückgedrängt ist.

Das aber ist Rückschritt in die Barbarei und Anarchie, der der Mann, will er seinen Lebensauftrag als Gestalter erfüllen, einfach nicht erliegen darf. Er gehört nicht als Däumling in die Rocktasche der großen Urmutter. Von dieser Gefahr her hat die Veränderungsmöglichkeit des Mannes ihm auch einige Grenzen gesetzt und der Appell zur Partnerschaft auch einige Gefahren...

Aber wie dem auch sei: Der „väterliche” Mann, der einfühlsam und personenbezogen in gelassener Nachdenklichkeit seiner Familie dient, ist in unserer Situation gewiß eine existentiell notwendige Zielmarke. EINS PLUS EINS IST EINS. Leitbilder für Mann und Frau. Von Christof Gaspari, Herold Verlag, Wien 1985, 260 Seiten, öS 268,-.

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