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Lichtblicke

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Wer auf der Suche nach positiven Meldungen die Zeitungen der letzten Wochen durchblättert, muß erschrecken: Es gibt fast nur schlechte Nachrichten auf den Wirtschaftsseiten. Kennzeichnend dafür sind einige Schlagzeilen im Wirtschaftsteil der „Neuen Zürcher Zeitung" (5./6. Dezember 82): „Gerät Maschinenindustrie ins Wanken?", „Weiterer Personalabbau bei British Steel", „Trübe wirtschaftliche Lage in der EG", „Anhaltende Krise in Portugals Wirtschaft", „ US-Arbeitslosenrate nun auf 10,8 Prozent"...

Gibt es überhaupt noch Lichtblicke in der Wirtschaft? Ich meine echte Hoffnungen, nicht billige Trostpflaster wie etwa, daß die Weihnachtsumsätze gar nicht so schlecht wie befürchtet ausgefallen seien.

Drei solche positive Aspekte seien stellvertretend für viele übersehene herausgegriffen:

Vergangene Woche lud die österreichische Sektion der „International Advertising Association" in Wien Ihre Mitglieder ein, im Rahmen einer Veranstaltung über Fragen der Ethik in der Werbung nachzudenken. Dem Außenstehenden fiel dabei vor allem auf, daß es zü einer nüchternen Tatbestandsaufnahme kam:

Die Werbewirtschaft droht zwischen den Forderungen nach mehr Aggressivität von Seiten ihrer Auftraggeber und der wachsenden Skepsis und dem Unwillen des Publikums zerrieben zu werden. 74 Prozent der im Rahmen einer Erhebung Befragten finden, daß Werbung nicht ehrlich und offen informiert, 72 Prozent, daß sie nur Märchen erzählt.

Diese Feststellung ist an sich noch kein Lichtblick. Wohl aber die Art und Weise, wie man sich dem Problem stellt: Von seiten der Auftraggeber will man sich Gedanken über Gemeinschaftswerbung machen, die verhindert, daß etwa fünf Waschmittel der Reihe nach behaupten, jeweils besser als die Konkurrenzprodukte zu sein. Auch mit dem Problem, daß Werbung, die dem Einzelunternehmen nützt, gleichzeitig der Allgemeinheit schaden kann, will man sich stellen.

Von den Werbefirmen wird ins Treffen geführt, daß sie nicht Motor, sondern nur Vehikel einer Fehlentwicklung seien. Dieser Ansicht tritt jedoph einer der Teilnehmer entgegen und schlägt vor, daß in zunehmendem Maß die Werbewirtschaft die Interessen der Allgemeinheit gegenüber ihren Auftraggebern vertreten könnte. Er selbst übernehme nicht einfach jeden Auftrag, sondern ergreife häufig selbst die Initiative zu Werbekampagnen,

Diese Veranstaltung hat ein wichtiges Problem an einem neuralgischen Punkt der Meinungsbildung herausgegriffen und eine Diskussion eröffnet. Sie wird weitergeführt.

Der zweite Lichtblick kommt aus einem anderen Bereich. Zwei Beiträge in österreichischen Zeitschriften versuchen die Frontstellung zwischen Ökologie und Ökonomie aufzubrechen: In einer dem ökonomischen Denken angepaßten Sprache erläutert der bekannte Ökologe Bernd Lötsch („Wiener Journal", Oktober 82), was die Wirtschaft von den in der Natur erfolgreichen Prinzipien lernen könnte.

Er plädiert für eine Erweiterung der Rahmenbedingungen der sozialen Marktwirtschaft, um aus ihr eine „ökosoziale Marktwirtschaft" zu machen. Er weist darauf hin, daß in der einseitigen Verfolgung des an sich wertvollen Grundsatzes hoher Effizienz die Wirtschaft das ebenso bedeutsame Prinzip Uberlebensfähigkeit vernachlässigt habe. Die Förderung von Diversifikation und die Abkehr von überzogener Spezialisierung würde größere Krisenfestigkeit mit sich bringen.

Auf der anderen Seite untersucht Theo Faulhaber in der Zeitschrift „Industrie" (15. Dezember 1982) die geistigen Vorläufer der „Grünen". Trotz vielfacher Reserven kommt er doch zu einem bemerkenswerten Schluß, der Ausgangspunkt für weitere Uber-legungen sein könnte: „Der Grabenkrieg zwischen einzelnen Umweltschützern und manchen Vertretern der ökonomischen Zunft scheint daher ä la longue überflüssig, geht es doch um einen nur .vermeintlichen Gegensatz' und um eine .Integration von Ökonomie und Ökologie' um Lösungen, die dem einen dienen, ohne dem anderen Gewalt anzutun ..."

Der dritte Lichtblick: Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts Helmut Kramer attestiert der österreichischen Wirtschaft eine günstige Position im internationalen Vergleich. Ich mag dieses vielfach mißbrauchte Argument vor allem dann überhaupt nicht, wenn es zur Legitimierung der Regierungspolitik des Fortwursteins mißbraucht wird.

Trotz allem aber gilt: Österreich hätte für die Bewältigung der weltweiten Krise eine gute Ausgangsposition: Unsere Inflation ist relativ niedrig, unsere Arbeitslosigkeit ebenfalls. Im internationalen Wettbewerb hat Österreich in den letzten Jahren seine Position verbessert. Unsere Verschuldung steigt zwar rasch,dennoch liegen wir, was unsere Bonität anbelangt, am 11. Platz.

Ein weiteres Plus ist unser Verzicht auf das Beschreiten des Wegs der Atomenergie. Auch unsere Umwelt ist weniger zerstört und wir verfügen über eine Industriestruktur, in der nicht die Giganten, sondern die anpassungsfähigen Klein- und Mittelbetriebe den Ton angeben. Wollten wir diese relativ günstige Situation zur Neuorientierung ausnützen, wir könnten für andere Länder ein Modellfall werden, vor allem wenn wir uns des Instruments der Sozialpartnerschaft im rechten Geist bedienen wollten.

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