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Marsch ins gigantische Fettnäpfchen öffentlicher Meinung
Als im März die neue Pastoralinstruktion „Aetatis novae" über die sozialen Kommunikationsmittel publiziert wurde, gab es ein großes Aufatmen unter den Experten und unter allen, die der gesellschaftlichen Kommunikation unter christlichen Vorzeichen eine Chance geben. Aber ausgerechnet Pfingsten ließ die Eisheiligen folgen. Sie kommen aus der Kongregation für die Glaubenslehre, und ihr Werk heißt „Instruktion über einige Aspekte des Gebrauchs der sozialen Kommunikationsmittel bei der Förderung der Glaubenslehre" (datiert mit 30. März 1992, zugänglich seit 9. Juni).
Der Texter des Instruktionstitels muß einen rabenschwarzen Tag gehabt haben, als er die seit dem Zweiten Vatikanum präzise und einleuchtend beschriebenen und definierten „sozialen Kommunikationsmittel" ausgerechnet in der Headline glaubte verwursten zu müssen. Denn im Kern handelt es sich bei der neuen Instruktion um eine Durchführungsverordnung zu jenen Vorschriften des Codex Iuris Canonici (CIC), in denen klipp und klar festgestellt wird, daß Neuausgaben der Heiligen Schrift sowie kirchliche Lehrbücher nach wie vor der lehramtlichen Approbation bedürfen. Ich halte das für richtig, auch wenn die innerkirchlichen Dissidenten der jüngsten Zeit sich gezielt angeschossen fühlen werden. Ich halte auch für richtig, daß Canon 831 in Erinnerung gerufen wird: Kleriker und Ordensleute dürfen nicht ohne Rücksprache mit ihren Chefs im „Playboy" schreiben, und katholische Verlage sollen nichts drucken oder vertreiben, was sie ins schiefe Licht des Geldverdienens um jeden Preis bringen könnte.
Aber was hat die Betonung dieser Ein-schränkungs-, Verbots- und Bestrafungsregeln (Nr. 2 d und 3) mit der (seit „Inter mirifica") normalen Verwendung des Begriffs „soziale Kommunikationsmittel" zu tun, unter denen wir gemeinhin die ganz alltäglichen Massenmedien mit ihren Licht-und Schattenseiten verstehen? Aus welchen Motiven ist hier der verschärfte CIC-Voll-zug mit dem seit Pius XII. doch im großen und ganzen konstruktiven Umgang mit Massenkommunikation und öffentlicher Meinung in einen Topf geworfen worden, und dies trotz Befragung des für „Communio et pro-gressio" wie für „Aetatis novae" zuständigen Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel?
Der Gedanke der „Überwachung"
Was hat denn der Päpstliche Rat gesagt zu einem Text, der in bezug auf die Verantwortung der Bischöfe für die reine Lehre richtig, in der Nachbarschaft der pastoralen Vertrauensbildung von „Communio et progressio" aber destruktiv ist?
Der Gedanke der „Überwachung" der Massenmedien (S. 3) ist im Kontext des Codex tragbar, in unmittelbarer Nachbarschaft der positiven Kommunikationstexte aber höchst frustrierend. Seit Gutenberg sind die Medien als solche nicht mehr überwachbar. Der Heilige Geist war dabei, als der Mann aus Mainz die ersten Zeilen der Bibel setzte und als Paul Nipkow seine Scheibe ausprobierte, die den ersten Anstoß zur Entwicklung des Fernsehens gab. Er war dabei, als Pius XII. die öffentliche Meinung als „natürliches Echo... von Ereignissen und aktuellen Situationen im menschlichen Geist und Urteil" beschrieb (1950). Wäre die Weltkirche Weltkirche geworden ohne die „mirifica technicae artis inventa", mit denen das Konzilsdekret von 1963 beginnt?
Die „Schwierigkeiten" derer, die die „Aufgabe der Sorge und Überwachung durchführen sollen", sind bekannt. Man vergrößere sie nicht durch den Marsch ins gigantische Fettnäpfchen der öffentlichen Meinung.
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