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Partei- und nicht Bünde-Mandatare!

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Mit Walter Zimper, Bürgermeister von Piesting, Abgeordneter zum niederösterreichischen Landtag, von Beruf Journalist, sprach Hubert Feichtl- bauer.

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Mit Walter Zimper, Bürgermeister von Piesting, Abgeordneter zum niederösterreichischen Landtag, von Beruf Journalist, sprach Hubert Feichtl- bauer.

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Gefällt Ihnen die zurückhaltende Unverbindlichkeit, mit der sich bisher die Spitzenvertreter der Bünde am Reformgespräch beteiligt haben?

ZIMPER: Auf keinen Fall Es ist mehr als enttäuschend, weil dieser Ton den Mißmut und die Resignation unter den Funktionären fördert, die für eine Partei tödlich sind. Dieser Mißmut kommt daher, daß wir praktisch seit 1970 von der Parteireform reden und in Wahrheit nichts passiert ist.

Sie selber haben in der Gemeinde Piesting ja gezeigt, wie man’s machen kann, als Sie 1975 eine 10:7-Mehrheit der SPÖ in eine ll:8-Mehrheit der ÖVP verwandelten.

ZIMPER: Ja, das war eine echte Umkehr und nicht nur Folge einer Gemeindezusammenlegung, denn auch nach Addition beider Gemeindeergebnisse hätten die Sozialisten eine Mehrheit gehabt. Ich habe damals in einer ersten Phase auf Gemeindeebene alle

Bündefunktionäre zu einer Parteigemeinschaft zusammengeführt. Es dauert lange, bis man aus einem bürgerlichen Haufen eine Kampfgemeinschaft schmiedet. Wichtig war für uns, von vomher-, - ein ein klares Ziel anzustreben: die Eroberung der Mehrheit. In de'r zweiten Phase ging dann darum, alle mit Begeisterung zu erfüllen. Mit Vergatterung schafft man so etwas nicht, Gott sei Dank. Aber wenn wir einmal marschieren, dann sind wir unschlagbar …

Was müßte die Volkspartei tun, um auch auf Bundesebene eine solche verschworene Kampfgemeinschaft zu werden?

ZIMPER: Positive Ziele setzen und nicht nur negative „Durch- halte“-Parolen verbreiten („damit die roten Bäume nicht in den Himmel wachsen“ und so). Das Fehlen einer solchen klaren Zielaussage war der schwerste Mangel der Wahlwerbung im Mai.

Ihre Gemeinde ist doch auch eine Industriegemeinde. Hat Ihnen der Strukturwandel nicht zu schaffen gemacht?

ZIMPER: Das ganze Gerede vom Strukturwandel ist eine Ausrede, ein Armutszeugnis für die Partei, eine Art Selbstauflösung. Darin müssen wir uns nun einmal als Volkspartei bewähren, daß wir den Strukturwandel verkraften. In meiner Gemeinde Piesting sind unter 2000 Einwohnern nur zehn Vollerwerbsbauem. Wir haben einfach die attraktiveren Leute gehabt - nicht nur als Kandidaten, als Aktivisten überhaupt.

Was bekommen Sie bei den Debatten des Parteivolks über die Reform zu hören, falls Sie solche schon mitgemacht haben?

ZIMPER: Ich habe eine ganze Menge davon mitgemacht und einige Dinge kommen dort ganz eindeutig immer wieder heraus. Zum Beispiel zeigt sich, daß kaum jemand das Salzburger Programm gelesen hat Aber dann wird immer wieder eine Verteidigung des Eigentums, eine aktive Familienpolitik, eine Bekämpfung von Bürokratie und Zentralismus gefordert - und die Leute staunen, wenn sie hören, daß das alles im Salzburger Programm steht. Man muß also sehr konkret reden und nicht abstrakt eine

„Grundsatzpolitik nach dem Salzburger Programm“ verlangen.

Diskutieren die Parteimitglieder auch Organisationsfragen?

ZIMPER: Ja, sicher. Eine völlig unbestrittene Selbstverständlichkeit für alle ist der Vorrang der Partei vor den Teilorganisationen. Man wundert sich, daß dies ein Streitpunkt sein kann.

Was verstehen Sie konkret unter dem Vorrang der Partei?

ZIMPER: Niemand ist für eine Auflösung der Bünde. Wenn man sich die Füße abschneidet, wie soll man dann laufen können? Aber ein Parteimandatar muß der Partei und nicht seinem Bund verantwortlich gemacht werden. Ich bin Abgeordneter des ÖAAB und die ÖVP hat mich bis heute noch nie auf ihren eigenen Prüf- starid ’gestellt. Dennoch gelte ich in der Öffentlichkeit überall als ÖVP-Abgeordneter. Das ist untragbar. Man kann doch nicht eine Partei vertreten, die gar keinen Einfluß auf die Nominierung hatte. ,

Heißt das, daß den Bünden das Nominierungsrecht weggenommen werden sollte?

ZIMPER: Die Bünde sollten bestenfalls ein Vorschlagsrecht für die Kandidatenaufstellung haben. Entscheiden muß aber die Partei. Derzeit ist es so, daß man nur darüber diskutiert, welcher Bund wieviele Kandidaten an aussichtsreicher Stelle unterbringen kann. Wer die Betreffenden dann sind, ist ausschließlich Sache des Bundes, obwohl diese Personen dann als ÖVP-Manda- tare in Erscheinung treten. Da ein Mandatar aber nur über seinen Bund etwas wird, zerfransen sich viele nur für den Bund. Man kann heute ÖVP-Mandatar sein, ohne sich einen Pfifferling um die Partei zu kümmern.

Befürworten Sie einen allgemeinen Umtausch der Mitgliedsbücher und anschließend einen Beitritt zuerst zur ÖVP mit nachheriger Entscheidung für eine Teilorganisation, während man jetzt zuerst dieser und dann wahlweise auch noch der ÖVP beitritt?

ZIMPER: Das sollte für die Zukunft sicher die Regel sein. Wer aber schon Mitglied ist, sollte nicht durch eine allgemeine Umtauschaktion verunsichert werden.

Soll die Neuordnung der Kandidatur mit Statuierung des Parteivorrangs eine Frage der Urabstimmung unter allen ÖVP-Mit- gliedem werden?

ZIMPER: Das halten die Leute draußen für selbstverständlich. Eine so wichtige organisatorische Voraussetzung für eine sinnvolle Parteiarbeit darf nicht nur eine Frage von Appellen, sondern muß • statutarisch verankert sein.

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