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Keine Frau in Rolle drängen

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Diesmal ist die Gesprächspartnerin die am 25. Oktober 1979 zur Präsidentin des oberösterreichischen Landtags gewählte Johanna Preinstorfer aus Ohlsdorf bei Gmunden,

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Diesmal ist die Gesprächspartnerin die am 25. Oktober 1979 zur Präsidentin des oberösterreichischen Landtags gewählte Johanna Preinstorfer aus Ohlsdorf bei Gmunden,

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Mutter von vier Kindern zwischen 10 und 18 Jahren, seit 1973 im Landtag, außerdem „Landesbäuerin“ von Oberösterreich.

Wie wird man „Landesbäuerin“ und wie lange ist man es?

PREINSTORFER: In jedem Ort wird von den Bauerribund- mitgliedern eine Ortsbäuerin gewählt, aus deren Kreis die Bezirksbäuerin gewählt wird, und die Bezirksbäuerinnen wieder wählen für sechs Jahre die Lan-

desbäuerin.

Also eine reine Parteifunktion ohne öffentliches Mandat?

PREINSTORFER: Insofern nicht, als die Ortsbäuerin bei Landwirtschaftskammerwahlen immer für den Ortsbauemausschuß und die Bezirksbäuerin für den Bezirksbauernausschuß nominiert wird. In der Landwirtschaftskammervollversammlung auf

Landesebene sitzen derzeit neben mir noch zwei Bäuerinnen.

Wie kann man gleichzeitig Hausfrau, Bäuerin und Politikerin sein?

PREINSTORFER: Vor allem einmal muß die Familie mit einer solchen Karriere’ einverstanden sein. Partnerschaft muß in der

Familie auch wirklich praktiziert werden. In bäuerlichen Familien hat man dann auch noch eine Oma, die einspringt. Die Arbeit am Hof ist jetzt für mich nur noch Hobby. Aber ich komme wenigstens täglich am Abend heim und gehe in der Früh mit den Kindern aus dem Haus. Man erlebt die Familie viel bewußter, wenn man außer Hauses ist, und verbringt die Freizeit zur Gänze mit der Familie.

Diese Auffassung widerspricht der in manchen ÖVP-Kreisen noch immer vertretenen Meinung, daß die Frau ganz an den häuslichen Herd gehöre.

PREISTORFER: Die Entscheidung, daheim zu bleiben oder einen Beruf auszuüben, muß jeder Frau überlassen werden. Keine Frau darf in eine bestimmte Rolle hineingedrängt werden. Die ÖVP muß sowohl die berufstätige Frau mehr als bisher ansprechen wie auch für eine Aufwertung des Berufs der Hausfrau sorgen.

Ist es sinnvoll, daß in der ÖVP die Sprecherin für Familienfragen und die Sprecherin für Frauenfragen ein und dieselbe ist?

PREISTORFER: Das eine läßt sich vom anderen nicht ganz trennen. Wichtig ist, daß eine solche Frau die Erfahrungeh beider Bereiche persönlich in ihre Arbeit einbringen kann. (Was bei Marga Hubinek, die derzeit diese Funktion ausfüllt, der Fall ist. D. Red.) Ich war zehn Jahre lang auch als Landwirtschaftslehrerin berufstätig und kenne von dorther auch die unselbständige Erwerbstätigkeit.

Aber entsteht durch eine solche Kombination nicht wieder der Eindruck, daß die ÖVP sich vor allem für die Familien zuständig fühlt und spezielle Frauenfragen so nebenbei mitnimmt?

PREINSTORFER: Das muß man sicher bedenken. Tatsache ist ja auch, daß heute niemand mehr Allrounder sein kann. Aber ebenso wichtig ist es, den Blick fürs Ganze nicht zu verlieren.

Wie sind denn Ihre Erfahrungen, was die Integration der einzelnen Berufsgruppen in der Volkspartei betrifft?

PREINSTORFER: In unserem Bereich haben wir uns immer bemüht, die einzelnen Gruppen einander näherzubringen. Wir haben Bäuerinnen-Exkursionen in Industriebetriebe organisiert und Arbeiterfrauen eingeladen, landwirtschaftliche Betriebe kennenzulernen. Auch die Jugend muß rechtzeitig interessiert werden. So laden wir polytechnische Lehrgänge zur Besichtigung von landwirtschaftlichen Betrieben ein.

Und die Bündestruktur in der ÖVP, ist die ein Hindernis fürs gegenseitige Kennenlernen?

PREINSTORFER: Überhaupt nicht. Ich habe es immer als positiv empfunden, daß es verschiedene Gruppierungen in der Partei gibt, was immer wieder Verständnis und Konsensbereit schäft notwendig macht. Trotzdem haben wir auch für unsere standpolitischen Anliegen immer genug Verständnis gefunden.

Wenn alles so wunderbar ist in Oberösterreich, warum trennt dann die Bundes- und die Lan- des-OVP in ein und demselben Wahljahr ein Abstand von 140.000 Stimmen? Kennen Sie persönlich Menschen, die am 6.

Mai SPÖ und am 7. Oktober ÖVP gewählt haben?

PREINSTORFER: Ja. Am 7. Oktober waren die Menschen einverstanden mit der Persönlichkeit unseres Landeshauptmanns Ratzenböck und mit der Sachpolitik, die die Volkspartei im Land und in den Gemeinden betrieben hat.

Und am 6. Mai war es eine Wahl für Kreisky und die Sachpolitik der Bundes-SPÖ?

PREINSTORFER: Ich bin in der Bundespolitik viel zuwenig verankert, um mir so ein Urteil zuzutrauen.

Was würden Sie der ÖVP verordnen, damit sie österreichweit wieder zum Zug kommt?

PREINSTORFER: Neben gewissen Organisationsreformen sicher ein besseres Überdenken ihrer Politik nach dem Salzburger Programm.

Wieviele Bäuerinnen kennen es?

PREINSTORFER: Sie praktizieren es, ohne die Formulierungen im einzelnen zu kennen. Man muß gar nicht immer vom Programm reden, aber bei politischen Entscheidungen immer wieder an die Grundsätze denken.

Was sollte Ihrer Meinung nach in die Urabstimmung hineinkommen, zu der die ÖVP-Mitglie- der Ende Jänner aufgerufen werden?

PREINSTORFER: Das, was bei der jetzigen Reformdebatte herauskommt. Vorher schon die Fragen zu entscheiden, wäre sehr undemokratisch.

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