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Wettlauf mit roter Sonne

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Schon im Flugzeug nach Tokio bekommt man japanische Industriewerbung serviert: Videos preisen im Bordkino Produkte fernöstlicher Hochtechnologie an. Im japanischen Handels- und Industrieministerium wird es den Journalisten dann taktisch unterkühlt serviert: Japan importiere mehr Technologie aus den USA und aus Europa, als es dorthin exportiere, und eine einzige japanische Firma gebe mehr für Forschung und Entwicklung aus als der japanische Staat insgesamt. Die untergeschobene Botschaft: Fürchtet euch nicht vor der roten Sonne!

Aber Europa und selbst die USA haben das Fürchten längst gelernt. Was der von Japan derzeit mit großer Fanfare gepredigte „Techno-Globalismus” („Weltdenken in Technik”) bedeutet, unterstreicht die Statistik: Japan ist drauf und dran, Großbritannien von der Spitze der Weltinvestitionen zu verdrängen. In den USA ist das fernöstliche Inselreich schon heute der größte Investor.

Zwar sind die Bruttosozialprodukte des EG/EFTA-Raumes (5.531 Milliarden Dollar) und der USA (5.166 Milliarden Dollar) noch erheblich größer als das Japans (2.828 Milliarden Dollar), aber der in Forschung und Entwicklung investierte Aufwand ist bei Japan gigantisch. Es stimmt: Relativ wenig tut der Staat. Aber er läßt die privaten Firmen so viel verdienen, daß diese gewaltig investieren können. Und sie kooperieren untereinander und mit dem Staat in der internationalen Zielsetzung: in so vielen Bereichen wie möglich die Nummer eins zu sein.

In diesem globalen Dreieckswettbewerb ist Europa die schwächste „Ecke”. Selbst dort, wo die europäische Forschung Weltspitze einnimmt, wie in den kognitiven Wissenschaften, in der Biotechnologie und in der Pharmazeutikaforschung, werden von den Europäern selbst japanische oder US-Produkte bevorzugt. „Kauft europäisch!” könnte schon bald der Schlachtruf europäischer „Techno-Globali-sten” sein. Die Europäischen Gemeinschaften und die EFTA haben in jüngster Zeit ihre Anstrengungen bei Forschung und Entwicklung deutlich verstärkt. Auch österreichische Firmen halten da und dort schon wacker mit.

Aber eines steht fest: Von einem kommoden Ausstieg aus diesem Wettlauf zu träumen, wäre grausame Selbsttäuschung. Die Alternative zum Mithalten ist Abkoppelung, Zurückbleiben mit der Konsequenz sozialer Konflikte. Eher schon sollten wir uns bei den Japanern ein Vorbild dafür nehmen, wie sie den technisch-wirtschaftlichen Fortschritt jetzt bewußt garnieren: mit Kunst und Kultur. Auch in diese Bereiche investiert Japan mehr als jedes andere Land. In der neu entwickelten „Wissenschaftsstadt” im Bereifch Osaka/Kyoto gibt es nicht nur high-tech-Institute, sondern auch einen „high-touch”-Forschungspark. Wissenschaft und Technik „für den ganzen Menschen” zu betreiben: In diesem Wettstreit müßte auch Österreich konkurrenzfähig sein.

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