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Japans Vemunftehe mit ASEAN

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Am Vorabend des 32. Gedenktages der japanischen Kapitulation flog Premierminister Takeo Fukuda nach Singapur; es war die vierte Station auf seiner zehntägigen Reise durch die ASEAN-Staaten Singapur, Malaya, Indonesien, Thailand, Philippinen, und zu dem Außenseiter Burma. Kaum jemandem konnte die Ironie entgehen, die darin liegt, daß die japanischen Geschäftsleute und Techniker im Begriffe stehen, mit Hilfe des aufgehenden Yen und ihrer Geschäftstüchtigkeit die Pläne, in diesen potentiell reichen Gebieten die Rohstoffquellen und Absatzmärkte für das arme Mutterland zu erschließen, erfolgreich in die Tat umzusetzen, nachdem vor nur einer Generation die Ge- . ne äje Kol(Onialverwalter daran kl$ąhc h ęs$ieitert; waren. Niemand könnte behaupten, daß zwischen den Japanern und den Südostasiaten, die einst die harte Besetzung erlebt haben, viel Liebe bestünde. Die Abneigung gegen den Neokolonialismus des „economic animal“ hat sich noch vor drei Jahren, anläßlich des Staatsbesuches des früheren Premiers Tanaka, in Demonstrationen Luft gemacht

Diesmal herrschte ein Klima nüchterner Zuvorkommenheit zwischen Partnern, die genau wissen, daß sie aufeinander angewiesen sind, wenn sie den Frieden und die gedeihliche Entwicklung der Region sichern wollen. Japan bezog 1976 14,5 Prozent seiner Rohstoffe aus dieser Region, doch waren es für Zinn 86 Prozent, für Gummi 98. Durch die Meerenge von Malacca gehen 40 Prozent der japanischen Importe, darunter 80 Prozent des Öls. Japan nimmt etwa ein Drittel des Außenhandels der ASEAN auf und findet guten Absatz für seine Produkte. Diese Beziehungen sind in jeder Hinsicht entwicklungsfähig. So beschwerten sich die ASEAN-Staaten darüber, daß Japan mit teuer importiertem öl synthetischen Kautschuk herstellt, während sie selbst auf ihrem Rohgummi Sitzenbleiben.

Wie jeder gute Japaner, der auf Reisen geht, bringt Fukuda ansehnliche Miyage (Gastgeschenke) mit: rund eine Milliarde Dollar in Form von Anleihen für je ein großes Projekt in jedem der fünf ASEAN-Staaten, die mit einem Entwicklungsplan für die ganze Region koordiniert werden müssen. Für Indonesien und Malaya handelt es sich um Kunstdüngeranlagen, Singapur denkt an eine Dieselmotorenfabrik, die Philippinen planen Phosphatanlagen, die Thai eine Sodafabrik. Doch melden sich bereits kritische Stimmen und behaupten, diese Projekte seien vor einem Jahr auf der Gipfelkonferenz in Bali zu hastig aufgezogen worden und entsprächen schon heute nicht mehr den dringendsten Bedürfnissen. Alternativen liegen vor: eine Reifenfabrik für Indonesien, eine Werkmaschinenfabrik für Malaya, Druckereien und Verzinnungsanlagen für die Philippinen, eine TV-Röhren- fabrik für Singapur, Fischerei- und Kalifabriken für Thailand.

Auch für den dritten Fünfjahresplan in Malaya garantierte Fukuda Anleihen, dazu technische Hilfe für ein Unterseekabel zwischen dem Westen und dem Osten, aber auch für die Erschließung von Erdgasvorkommen an der Küste von Sarawak.

Indonesien erhält zusätzliche Anleihen und eine direkte Unterstützung zur Versorgung mit Lebensmitteln. Kurz vorher hatte Japan schon eine erste Anleihe zu niedrigem Zinsfuß bewilligt, außerdem einen Zuschuß zur Anschaffung von Ubermittlungsgeräten und für eine Versuchsfarm für Viehzucht und Reisbau. Präsident Su- harto erbat außerdem die japanische Beteiligung an einer gigantischen Tankanlage für 120 Millionen Tonnen öl auf der Insel Lobok, die 1,3 Milliarden Dollar kostet, sowie für die-Natur- gasförderung in Nordsumatra. — -

In Singapur konnte Fukuda ah der Gründung eines Joint Venture für die Konstruktion einer riesigen petro- chemischen Anlage, die auf 400 Millionen Dollar veranschlagt ist, teilnehmen. Japan wird sich auch an der Errichtung eines technischen Instituts beteiligen, das die Technologie Japans an Ingenieure aus allen fünf Staaten vermittelt. Auch ein naturwissenschaftliches Institut ist ins Auge gefaßt, mit einem Schwerpunkt für Medizin.

Thailand erhielt eine Anleihe für seinen vierten Fünfjahresplan und eine Gabe für die Lebensmittelversorgung.

Burma wurde in diese Tour mitein- bezogen, weil Japan der größte Spender von Entwicklungshilfe für dieses Land ist, seit 1969 insgesamt 1,2 Milliarden Dollar für elf Projekte. Bereits im Juni hatte Japan eine Anleihe für vier Fabriken für Nutzfahrzeuge, landwirtschaftliche Geräte, Dieselmotoren und elektrische Apparate bewilligt. Nun wurde die Beihilfe auf fünf weitere Projekte ausgedehnt. Darüber hinaus sucht Burma Hüfe für die Errichtung von Bodenstationen für Satellitenfernverkehr, für Verbesserung der Flußschiffahrt, für Reismühlen, Kunstdüngeranlagen, Zementfabriken, Fischerei sowie für medizinische Ausrüstung und Forschung.

Im Augenblick, da Amerika sich immer deutlicher von Asien absetzt, ist Japan aufgerufen, in der Region eine seiner wirtschaftlichen Stärke entsprechende Rolle zu spielen, nicht nur als Ausbeuter der Rohstoffe, som dem als stärkerer Partner in einer Vernunftehe, die beiden Teüen Wohlstand bringen kann.

Seit dem Ende des Vietnamkriegs ist die Stärkung der ASEAN der positivste Vorgang in dieser Region. Die fünf Staaten, die man schon als Dominosteine vor dem Druck der Kommunisten fallen sah, rücken zusammen, um die vielfältigen Probleme, die aus ihrer unterschiedlichen Entwicklungsstufe resultieren, mit gemeinsamen Kräften zu lösen. Deutlich trat dieser neue Geist der Solidarität auf der Gipfelkonferenz der ASEAN, die diesen Monat in Kuala Lumpur stattfand, zutage.

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