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„Zusammenreden" geht nicht mehr

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Die provozierende Trendwidrigkeit der Maßnahme ist nur mit dem Ernst der Lage erklärbar: Während international Kredit- und Spareinlagenzinsen nach oben rutschen, ziehen Österreichs Kreditinstitute wohl mit den Kreditzinsen mit, senken aber gleichzeitig die Zinsen für Einlagen, um ihre Zinsenspanne und damit ihre Ertragskraft zu verbessern.

Was, ohne Frage, dringend notwendig ist. Denn Österreichs Banken befinden sich ausgerechnet am Vorabend der Europaliga und in Sichtweite eines riesigen Abschreibungsbedarfs für Ostkredite in einem absoluten Ertragstief. So tief, daß ohne die unpopuläre Maßnahme der letzten Woche einzelne Institute wahrscheinlich spätestens 1993 Probleme bekommen hätten, ihre Bilanz darzustellen.

Sehr wohl eine Frage ist aber, wodurch unsere Geldinstitute in dieses dramatische Tief geschlittert sind, und ob mit dieser

konjunkturwidrigen Maßnahme jetzt die Felle gerettet sind.

Auf einen einfachen Nenner gebracht, liegen die Gründe in einer, gerade bei Banken unangebrachten, Sorglosigkeit im Umgang mit Geld. Wie vom Spieltrieb gepackt, wurde ein risikoreiches Kreditengagement nach dem anderen ohne entsprechende (Risiko-)Kapitalvorsorgen eingegangen, während auf der Einlagenseite der gleiche irrationale Expansionsdrang für einen Konditionenwettbewerb bar jeder wirtschaftlichen Begründung sorgte. So konnte man bis vor kurzem 'seine Sparbuchkonditionen nicht erst durch einen Wechsel des Instituts, sondern allein durch den Wechsel der Filiale ein und derselben Bank verbessern.

Gleichzeitig achtete man jahrelang herzlich wenig auf die eigenen Kostenbilder. In den im öffentlichen Einfluß stehenden Großbanken wurden jahrzehntelang über politische

Empfehlung hunderte Personen „versorgt" (mit dem Heer an Konsulenten könnte man spielend eine Uni betreiben!), und um des lieben Friedens willen mit dem Betriebsrat gibt's Sozialleistungen, von denen „normale" Arbeitnehmer nur träumen können: 15 bis 16 Gehälter, eine zusätzliche Familienbeihilfe, bis zu einem Drittel mehr Urlaub bei weniger Arbeitszeit, und, nicht zu vergessen, die „Definitivstellung" (=Prag-matisierung). Letztere verhindert beispielsweise bei der Bank Austria, die Synergieeffekte der Fusion von Länderbank und Zentralsparkasse kurzfristig zu nutzen.

Mit einem Wort: Ohne konsequente Änderung der Geschäftspolitik und harte innere Reformen schafft die Erhöhung der Zinsenspanne nur eine Pause bis zur nächsten Ertragskrise. Der dann wahrscheinlich nicht mehr durchs „Zusammenreden" beizukommen sein wird.

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