7135507-1997_45_05.jpg
Digital In Arbeit

Brandbomben auf das Höchstgericht

Werbung
Werbung
Werbung

Schon ein bißchen besorgniserregend, wieviele Rrandbomben auf den Verfassungsgerichtshof geschleudert werden, weil er die Ungerechtigkeit der Steuergesetze gegenüber Familienerhaltern als verfassungswidrig erklärt hat! Ein „Klassenurteil”, schalt die ÖGR-Frauen Vorsitzen de Irmgard Schmid-leithner das Erkenntnis, denn „Familienpolitik darf nicht über das Steuerrecht passieren”. Niemand kann erklären, warum das „nicht passieren” darf, und warum dieser Grundsatz in den fünfziger Jahren, als die SPÖ zeitweise schon stimmenstärkste Partei war, sehr wohl eingeführt und in der Ära Klaus von Finanzminister Schmitz konsequent ausgebaut werden konnte, ehe er in der Kreisky-Zeit verwässert wurde, so daß er nun vom Verfassungsgerichtshof reaktiviert werden mußte.

Das „Unabhängige Frauenforum” sprach von einem „Rückschlag für die Frauenpolitik” und forderte statt dessen eine „Angleichung der Lohne zwischen Frauen und Männern.” Wann wird es endlich so weit sein, daß man korrekt argumentiert? Natürlich beziehen Frauen und Männer in gleichen Jobs längst gleiche Löhne. Der Geschlechterunterschied bei den Durchschnittslöhnen ergibt sich aus dem Umstand, daß ein höherer Prozentsatz von Frauen in schlechter (auch für Männer schlechter) bezahlten Positionen arbeitet, wogegen viel unternommen werden sollte - aber das war nicht die Aufgabenstellung des Gerichts.

Daß die Höchstrichter nur zwischen Gleichverdienern mit unterhaltspflichtigen Kindern und kinderlosen verglichen, entspringt unschlagbarer I,ogik: Warum dann die Giftspritzen gegen die „Privilegienbeschaffer für die Reichen”? Daß die Neuregelung als Negativsteuer konstruiert werden, also jenen, die von Steuervorteilen nicht profitieren können, Direktzahlungen bringen soll, beweist die Berücksichtigung auch der Minderverdiener.

Ganz unverständlich ist das Toben der Gegner einer Familienförderung über die Steuerpolitik gegen einen Vorschlag des Wirtschaftswissenschaftlers Christoph Badelt, die Umverteilung von Kinderlosen zu Unterhaltungspflichtigen in derselben Einkommensgruppe durch eine Umverteilung von reich zu arm in der Form zu ergänzen, daß die Steuersätze für Kinderlose angehoben werden. Warum kann man darüber nicht ruhig und sachlich reden?

Kinder sind nicht „eine reine Privatsache”, wie erstaunlicherweise auch der liberale Abgeordnete Haselsteiner verkünden zu müssen glaubte. Der Staat müßte 90 Milliarden Schilling im Jahr für Aufgaben aufwenden, die ihm Familien abnehmen, hat Familienminister Bartenstein einmal errechnet. Diese „Privatsache” kann er wohl auch in der Steuerpolitik ein wenig honorieren, und deshalb ist mit Familienbischof Küng zu hoffen, daß das Verfassungsurteil nun rasch verwirklicht wird.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung