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Die Wogen gehen hoch: Die Regierung hat den Entwurf zur Pensionsreform vorgelegt. Zufrieden ist damit fast keiner.

Die Ansichten sind naturgemäß unterschiedlich: Während Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) beteuert, der Entwurf zur Pensionsreform sei "nach bestem Wissen und Gewissen erstellt", ist sie für den Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger, eine "kalte Enteignung für zukünftige Pensionisten". Und für Pensionistenverbandschef Karl Blecha (SPÖ) geht der Entwurf sogar "bis zur Grenze des Betrugs".

Einig sind sich alle in einem Punkt: Die Reform wird weh tun. Denn sollte das Pensionsreformpapier tatsächlich Gesetz werden, heißt es bereits ab dem Jahr 2004: länger arbeiten und dafür hinterher weniger kassieren.

Was die Regierung "Pensionssicherungsreform" nennt, sieht im Einzelnen so aus: Der Durchrechnungszeitraum zur Festlegung der Pensionshöhe wird von derzeit 15 Jahren jährlich um ein Jahr erhöht, sodass sich ab dem Jahr 2028 ein Durchrechnungszeitraum von 40 Jahren ergibt. Die Höchstpension, die heute bereits nach 40 Erwerbsjahren erreicht ist, gibt es erst nach 45 Jahren. Wer vorher in Pension geht, muss pro Jahr einen Abschlag von 4,2 Prozent in Kauf nehmen statt wie bisher drei Prozent. Im Gegenzug wird es - immerhin - auch einen Bonus in gleicher Höhe geben für jedes Jahr, das die Pension später angetreten wird.

Damit aber längst noch nicht genug: Die Frühpension wird schrittweise ab 2004 abgeschafft, bis 2010 nur noch das Regelpensionsalter von 65 Jahren für Männer und 60 Jahren für Frauen gelten. Die so genannte "Hacklerregelung", nach der Männer mit 45 und Frauen mit 40 Beitragsjahren bereits im Alter von 60 beziehungsweise 55 Jahren in Pension gehen können, bleibt bis 2005 erhalten. Ab dann, bis zum Jahr 2010, gilt für beide Geschlechter ein jeweils 18 Monate höheres Antrittsalter.

Hoffnung auf Änderung

Das einzig Gute an der geplanten Reform, und das sehen nicht nur die oppositionellen Sozialdemokraten und Grünen so, ist der Umstand, dass dieses Papier lediglich Vorschlag, noch nicht Realität ist. Es besteht also noch berechtigte Hoffnung auf Nachbesserungen. Denn nicht nur der von der SPÖ angedrohte Gang zum Verfassungsgerichtshof könnte letztlich noch für massive Änderungen sorgen.

Sogar in den eigenen Reihen der Volkspartei und der Freiheitlichen gibt es Widerstand gegen das Ansinnen in dieser Form - das jegliches Fingerspitzengefühl für soziales Gleichgewicht vermissen lässt und den Schluss nahe legt, dass die derzeitige Regierung das Ende des Wohlfahrtsstaates auf Teufel komm raus herbeiführen und statt dessen neoliberale Prinzipien selbst für die Grundsicherung der Bevölkerung einführen will: Der, der es sich leisten kann, wird es sich schon richten und für die Privatpension vorsorgen. Wer das nicht kann, hat eben Pech gehabt und muss sehen, wie er als Pensionist das Auslangen findet.

Hauptverlierer der Pensionspläne sind aber die Frauen. Zwar sollen künftig nicht mehr nur 18 Monate der Kindererziehung pensionsbegründend wirken, sondern 24 Monate. Zur Berechnung der Pensionshöhe wird aber für diese Zeit nur der Ausgleichszulagenrichtsatz von derzeit rund 644 Euro herangezogen. Mehr ist also Kindererziehung nicht wert. Dazu kommt, dass auch Teilzeitbeschäftigung die Pensionshöhe mindert. Wieder hauptsächlich ein Problem der Frauen, die häufig nach der Karenz nicht mehr in eine Vollbeschäftigung zurück kehren, um Job und Familie besser vereinbaren zu können. Und das bei einer Regierung, die sich Familien- und Kinderfreundlichkeit auf die Fahnen heftet.

Gut getäuscht?

Ideologische Selbstaufgabe? Oder ist etwa alles nur Bluff, wie in den vergangenen Tagen mehrfach spekuliert wurde? Haben die zuständigen Damen und Herren Politiker sich durch die extrem harten Maßnahmen wirklich nur einen Spielraum für Verhandlungen geschaffen, wie etwa der Leiter der Pensionsreformkomission, Theodor Tomandl, vermutet? Nicht einmal er glaubt daran, dass der vorliegende Entwurf in dieser Härte beschlossen wird. Zu hoffen ist, dass er damit Recht hat. Denn eine Reform ist dringend nötig. Genauso nötig ist aber ein behutsamer Umgang der Politik mit der finanziellen Zukunft der Bevölkerung.

claudia.feiertag@furche.at

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