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Jenseits der March

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Die Tendenz, sich einfach dem Westen, wenn auch als unbedeutende Größe, anzuschließen und die Verankerung in Mitteleuropa gering zu schätzen, hat sich auch angesichts des Wertewandels in den Reformländern gezeigt. Eine strukturelle, materielle und inhaltliche Unterstützung des schwierigen Demokratisierungsprozesses der Reformländer ist weithin unterblieben.

Gerade aber darin liegt nicht nur Chance, sondern auch Verantwortung für Länder und Regionen. Ich betone Länder und Regionen, weil irgendwann einmal das berühmte Subsi-diaritätsprinzip der EU zum Tragen kommen müßte. Niederösterreich muß Eigeninitiativen im regionalen Bereich entwickeln, die die entsprechenden EU-Programme regionengerechter gestalten

Gerade den Regionen und Ländern kommt im angestrebten Integrationsprozeß große Bedeutung zu. Sie sind in der Lage, Kompetenzen zu arrogieren, sie aus historischen Gewachsenheiten nachbarlicher, gewissermaßen natürlicher Strukturen viel effizienter zu realisieren als große institutionalisierte und damit unüberschaubar gewordene nationale Initiativen. Dazu bedarf es mehr als Maastrichter Beschlüsse, mehr als institutionalisierter Ausschüsse und großer Absichtserklärungen. Die derzeit unter dem Vorsitz Niederösterreichs stehende Konferenz der Regierungschefs der Arge-Donauländer darf nicht in einem freundlichen Meinungsaustausch steckenbleiben.

Niederösterreich hat auch den Vorsitz im Arbeitskreis Kultur und Wissenschaft. Auch hier gilt es über die bereits erreichten Zielsetzungen hinaus, die nicht gering geschätzt werden sollen, Programme zu entwickeln, die unsere östlichen Nachbarn integrieren und deren Situation erleichtern und verbessern.

So wichtig gemeinsame Symposien, so wichtig ein Donaufestival und Zusammenarbeit in Restauration und Denkmalschutz, so wichtig Stipendien für junge Wissenschaftler auch sind - es bedarf eines großräumigen Planes der Zusammenarbeit, einer Wissenschafts- und Kulturinitiative, die auch einer EU gegenüber in ihrer Notwendigkeit glaubhaft gemacht werden kann.

Ein Europa der Regionen bietet angesichts der Situation des handfesten Nationalismus in unseren östlichen Nachbarländern eine nicht zu unterschätzende Barriere, gerade aufgrund überregionaler Zusammenarbeit.

Niederösterreich ist das Kernland Österreichs an der Donau. Von hier aus wurde schon in vor-ostarrichi-scher Zeit den andrängenden „Barbaren" aus dem Osten Einhalt geboten, wurde kultiviert, christianisiert, humanisiert. Das heilige römische Reich deutscher Nation hat nicht von ungefähr diese Mark im Osten eingesetzt.

Es liegt nahe, gerade anläßlich des Millenniums auch über Maßnahmen nachzudenken, die Europa nicht an der March oder an der Leitha seine Grenzen finden läßt.

Der Autor ist Philosoph,

er lehrt an der Universität Wien und an der Donauuniversität in Krems.

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