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Mehr Mut
Mehr Mut und Selbstvertrauen möchte man der Volkspartei just in einem Augenblick wünschen, da hier und dort gefürchtet wird, sie könnte übermütig werden. Allein: Es mehren sich die Anzeichen dafür, als hätte die große Siegerin der Wahl vom 6. März im Verlauf der letzten Wochen in einem entscheidenden Punkt Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen.
Wie anders ist es zu verstehen, daß gleichzeitig mit der Nachricht, die Österreichische Volkspartei werde das Rundfunk-Volksbegehren als ihren Initiativantrag im neuen Parlament einbringen, innerhalb der Partei eine geradezu, hektische Suche nach dem Mann begann, dem man das Amt des zu bestellenden Generalintendanten anvertrauen könne? Gewiß ist es niemandem verwehrt, in dieser Frage nach dem Richtigen Ausschau zu halten, aber wenn es wahr ist, daß in der Bundesparteileitung der Volkspartei ganz offiziell erklärt wurde, man werde das Volksbegehren erst dann zur Abstimmung gelangen lassen,, wenn parteiintern eine Einigung über die Person des Generalintendanten erfolgt sei, dann grenzt dies ans Absurde. Vnd zeugt von Mangel an Courage.
Im Text des Volksbegehrens heißt es klipp und klar, daß der Generalintendant auf Grund einer öffentlichen Ausschreibung dieses Postens zu bestellen sei und dltß über diese Bestellung die Generalversammlung, also der Unterrichts- und der vet- kehrsminister in Vertretung der Bundesregierung, zu befinden habe. Mit anderen Worten: Der Generalintendant wird das Vertrauen der beiden staatstragenden Parteien genießen. Dies im „Koalitionsfall“. Aber auch wenn die Sozialisten in die Opposition gehen, sollte ihnen das Gefühl mitgegeben werden, zu dem Mann am Schalthebel der staatlichen „Massenkommunikationsmittel“ — welch scheußliches Wort — Vertrauen haben zu können. Und dieses wird er auch bitter nötig haben, denn nur wer solcherart den Rücken frei hat, kann in Rundfunk und Fernsehen die längst fällige Ordnung schaffen. Sollten die höchsten Gremien der Volkspartei plötzlich andern Sinnes und der Meinung sein, nur jemand, der von vornherein feststünde und ihnen aus parteitaktischen Gründen genehm sei, käme für sie in Frage, dann würden sie den Sinn des Volksbegehrens in sein Gegenteil kehren. Das Volksbegehren strebt nämlich eine Neuordnung von Rundfunk und Fernsehen durch Entpolitisierung an, und Entpolitisierung heißt ja wohl in erster Linie: Eindämmung des Einflusses der Parteisekretariate. Damit wäre die Voraussetzung geschaffen, das Intendanturprinzip mit unbedingter Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit, etwa nach dem Vorbild der BBC London, auch in Österreich durchzuführen.
Nur eine öffentliche Ausschreibung des Generalintendanten bietet die Gewähr, daß die Geeignetsten gefunden werden, nur sie vermag es zu bewerkstelligen, daß die Geeignetsten sich anbieten. Daß sich darunter auch einer befinden wird, welcher der Volkspartei nicht bei der erstbesten Gelegenheit in den Rücken fällt, ist eine Frage des Zutrauens der Volkspartei in ihre eigene Anziehungskraft, in ihre eigenen Ziele, zu denen auch die finanzielle Sanierung und die Berücksichtigung des wohlberechtigten Anspruchs der Länder auf größeres Mitspracherecht gehören
Deshalb wünschten wir. sie zeigte in dieser Angelegenheit mehr Klugheit. Und mehr Mut. :
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