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Etappensieg der Regierung

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Der relative Erfolg, den die Regierung vergangene Woche aus Brüssel nach Hause brachte, deckt taktische Fehler, die vor den eigentlichen Verhandlungen begangen worden sind, zu. So den Fehler, allzu deutlich „ohne Wenn und Aber" zu erkennen gegeben zu haben, wie sehr es Österreich um den Beitritt zu tun ist. Der hiedurch erzeugte Eindruck schwächte zunächst die Ausgangsposition Österreichs, wurde aber durch zähe Verhandlungen zerstreut und gutgemacht, so daß man insgesamt davon sprechen kann, daß sich die Regierung gut geschlagen und ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann, zustandegebracht hat.

Ein anderer taktischer Fehler könnte sich bei der kommenden Volksabstimmung, die ja positiv ausfallen muß, damit aus dem Etappensieg von gestern ein Endsieg von morgen wird, noch rächen: der nämlich, die Bevölkerung weder auf die bei den Verhandlungen zu gewärtigenden Schwierigkeiten vorbereitet noch auch genügend auf die nach einem EU-Beitritt zu erwartenden Nachteile aufmerksam gemacht zu haben. Wer zu große Erwartungen erweckt und die Dinge in ein zu rosiges Licht taucht, muß mit Enttäuschungsreaktionen und Frustrationen rechnen, die sich dann in einer negativen Entscheidung niederschlagen können. A ie Regierung wird daher noch eine hochwertige J—^ Überzeugungsarbeit leisten müssen, um die von der Meinungsforschung gegenwärtig signalisierte Ja-Mehrheit zu halten und auszubauen. Die Gegner des Beitritts werden mit attraktiven Galionsfiguren von Günther Nen-ning bis Friedensreich Hundertwasser, aber auch mit ernstzunehmenden Experten, wie Professor Rupert Riedl, anrücken. Gegen ein solches Aufgebot kann die Regierung nur erfolgreich bleiben, wenn sie keine Schönfärberei betreibt und der Bevölkerung reinen Wein auch in bezug auf die bevorstehenden Nachteile einschenkt. Und auch nach einer erfolgreich geschlagenen Volksabstimmung wird die Regierung alle Hände voll zu tun haben, um mit den Problemen, die von da ab auf uns zukommen werden, fertig zu werden und den Gegnern des Beitritts nicht noch nachträglich Argumente zu liefern.

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