Der nächste Papst: ein Konservativer

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Die Rom-Korrespondentin Crista Kramer von Reisswitz hat mit "Die Papstmacher" das bisher aktuellste Buch zum Thema Papstnachfolge auf den Markt gebracht.

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Die Rom-Korrespondentin Crista Kramer von Reisswitz hat mit "Die Papstmacher" das bisher aktuellste Buch zum Thema Papstnachfolge auf den Markt gebracht.

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Wie wird man Papst? Um diese Frage geht es in jüngster Zeit in vielen Zeitungsartikeln und Büchern, denn trotz der unermüdlich regen und bewundernswerten Arbeit Johannes Pauls II. hat dessen Pontifikat sicher seinen Zenit schon überschritten. Die Frage nach seiner Nachfolge hat nicht zuletzt er selbst schon 1996 durch eine neue Papstwahlordnung angeheizt.

Crista Kramer von Reisswitz, seit zwei Jahrzehnten Rom-Korrespondentin diverser deutschsprachiger Medien, hat im Moment das aktuellste Werk zu diesem Thema auf den Markt gebracht: "Die Papstmacher - Die Kardinäle und das Konklave". Seit im Februar dieses Jahres 44 neue Kardinäle kreiert wurden, sind bekanntlich die Karten im Kardinalskollegium, dessen Mitglieder unter 80 Jahren zur Papstwahl berechtigt sind, neu gemischt. Die Autorin ist bereits auf dem neuesten Stand, ausgenommen natürlich einzelne seither erfolgte Todesfälle.

So sind von den Wahlberechtigten kürzlich der Schotte Thomas Joseph Winning und der Franzose Pierre Eyt gestorben. Dass beide bei Reisswitz im Personenregister fehlen, kann nicht Prophetie sein, denn Eyt kommt im Text (Seite 189) sehr wohl vor. Dass Winning nicht aufscheint, liegt daran, dass Cramer von Reisswitz nur die 44 neuen und die ihr wichtig erscheinenden älteren Mitglieder des Kardinalskollegiums biographisch skizziert, alle anderen aber nur in einer nach Ländern geordneten Namensliste aller Kardinäle anführt.

Wenn man selbst ein Buch zu dieser Thematik geschrieben hat, vermerkt man natürlich mit besonderem Interesse, was hier ausführlicher, weniger ausführlich oder überhaupt anders zur Sprache kommt als im eigenen Werk. Die Autorin lässt sich nicht lange auf die frühere Geschichte der Papstwahlen oder des Kardinalates ein, und wirkt hier auch nicht ganz firm. Wenn sie schreibt, 1059 sei den Kardinälen das Recht zur Papstwahl zugestanden worden (Seite 130), ist das eine Verkürzung: Dieses Recht wurde damals auf die Kardinalbischöfe beschränkt, die übrigen Kardinäle mussten es sich in den folgenden Jahrzehnten erst erkämpfen. Sie verwechselt einmal Paul II. und Pius II. (Seite 135).

Bei den Papstwahlen konzentriert sie sich auf das 19. und 20. Jahrhundert, wobei sie unter anderem die unter Kirchenhistorikern eher umstrittene Ansicht vertritt, Pius X. sei 1903 nur durch das österreichische Veto gegen Kardinal Rampolla ins Amt gekommen (Seite 104/105). Manchmal wäre man für Quellenangaben oder Fußnoten, deren Fehlen das Buch natürlich etwas lesbarer macht, dankbar.

Die Stärken des Werkes liegen in der Rom-Kenntnis der Autorin. Sie ergänzt das eigentliche Thema, nämlich die ausführlich beschriebenen Mechanismen bei einer Papstwahl, mit Informationen über das Leben der Päpste einst und jetzt bis zu den Geheimnissen und Traditionen der Schweizergarde. Als Insiderin weiß sie, welche Versionen kirchenpolitischer Vorgänge kursieren und glaubhaft sind und welche Kardinäle und Bischöfe im Vatikan gerade hoch im Kurs sind oder nicht. So verdienen ihre Bemerkungen über die derzeit einflussreichsten Kardinäle, wobei sie sich hütet, den Kreis der Papstanwärter sehr eng zu ziehen, große Aufmerksamkeit.

Römische Perspektive Besondere Reformen scheint Crista Kramer von Reisswitz vom nächsten Papst jedenfalls weder zu erwarten noch zu erhoffen. Was die Kirche nach Johannes Paul II. betrifft, nimmt sie ganz die römische Perspektive ein: "Sein Nachfolger wird vor allem fähig sein müssen, die Kontinuität der katholischen Glaubenslehre zu wahren in einer Zeit, in der besonders in den deutschsprachigen Landen nach Frauenordination, nach einer Abschaffung des Zölibats und einer Lockerung der strengen katholischen Sexualmoral, nach einer veränderten Sichtweise auf Ehescheidung und Abtreibung, nach der Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion und nach der gemeinsamen Kommunion mit den anderen Konfessionen gerufen wird. Nicht das Wunschdenken potenzieller deutschsprachiger Nationalkirchen, sondern der Blick auf die Universalkirche wird Richtschnur bei der Wahl sein. Das heißt: Auch der nächste Papst dürfte ein - im guten Sinn des Wortes - eher konservativer Papst sein."

Die Papstmacher. Die Kardinäle und das Konklave.

Von Crista Kramer von Reisswitz. Pattloch Verlag, München 2001, 304 Seiten, mehrere Abbildungen, öS 291,-/e 21,14

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