Wer als Papst in Frage kommt

Werbung
Werbung
Werbung

Mit sicherem Griff hat Heiner Boberski schon mit der ersten Auflage seines im Otto-Müller-Verlag erschienenen Buches "Der nächste Papst" die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums erregt. Offenbar ist ungeachtet aller Gleichgültigkeit, die der katholischen Kirche in unseren Breiten zur Zeit entgegenschlägt, schon jetzt umrisshaft das riesige Interesse zu erkennen, das der Amtsantritt des nächsten Papstes auslösen wird. Dies hat nicht unbedingt mit Gläubigkeit, sondern eher mit Neugier zu tun, und wohl auch mit der Sehnsucht vieler Menschen nach geheimnisvollen, die Zeiten überdauernden Instanzen und Institutionen.

In Erkenntnis dieses Phänomens ist Heiner Boberski nun darangegangen, sein Buch in einer zweiten Auflage zu aktualisieren. Zu diesem Zweck hat er wichtige kirchliche Ereignisse eingearbeitet und die Liste aller gegenwärtigen Kardinäle auf den letzten Stand gebracht, um damit die Wählerschaft des nächsten Papstes, dessen Pontifikat als erstes zur Gänze ins dritte nachchristliche Jahrtausend fällt, noch präziser analysieren zu können. Darüber hinaus wagt sich Boberski sogar auf das glatte Parkett der Prognose für die künftige Papstwahl und scheut nicht einmal das Risiko, nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge die 15 aussichtsreichsten Kandidaten für die nächste Papstwahl vorzustellen. Das ist ohne Zweifel eine fesselnde Lektüre.

Unerforschliche Wahl

In einem eigenen Abschnitt fasst der Autor konkrete Einschätzungen für die nächste Papstwahl zusammen und warnt vor dem Fehlschluss, der Nachfolger von Johannes Paul II. werde quasi zwangsläufig schon deshalb seinem Vorgänger sehr ähnlich sein, weil ja dieser Papst während seiner langen Regierungszeit die allermeisten Kardinäle der Gegenwart ernannt hat. Boberski erinnert da an die Tatsache, dass auf den Diplomaten Pius XII. der charismatische Johannes XXIII. folgte, dass nach dem intellektuellen Paul VI. der lächelnde Seelsorger Johannes Paul I. gewählt wurde und in der Folge der anfangs so robuste und selbstsichere Johannes Paul II.: "Vielleicht ist der Wunsch nach Veränderung der Grund, warum die Nachfolger auf der Cathedra Petri ihren Vorgängern oft so unähnlich sind." Die Wege des Herrn seien unerforschlich, doch beim Vergleich zwischen den letzten fünf Pontifikaten dränge sich der Verdacht auf, die Eminenzen kürten immer das Gegenteil des gerade verblichenen Pontifex zum Nachfolger.

Zur Frage nach den aussichtsreichsten "papabili" nennt Boberski wie viele andere Autoren vor allem den italienischen Jesuiten Carlo Maria Martini, den sozial und politisch engagierten Erzbischof von Mailand, der allerdings durch seine Rolle als "ewiger Favorit" als abgenützt erscheint und außerdem immer näher an die Altersgrenze von 80 Jahren heranrückt. Als aussichtsreich wird ferner der belgische Erzbischof von Mechelen-Brüssel, Godfried Danneels, genannt, der als ein Mann der Mitte gilt. Auf der Liste scheint dann der Erzbischof von Bologna, Giacomo Biffi, auf, dessen Wahl einen deutlichen Rechtsruck in der katholischen Kirche signalisieren würde. Genannt wird dann der Erzbischof von Florenz, Silvano Piovanelli, der sich nie um Karriere und Kirchenpolitik gekümmert hat, sondern um einfache Lebensführung, und um Einsatz für die Armen. Aus Südamerika werden dem gegenwärtigen Präfekten der Kleruskongregation in Rom, Dario Castrillón Hoyos aus Kolumbien, der für die Befreiungstheologie absolut nichts übrig hat, gewisse Chancen eingeräumt. Als ein anderer aussichtsreicher Lateinamerikaner gilt der polyglotte Salesianer Don Boscos Oscar Andres Rodríguez Maradiaga aus Honduras, der als engagierter Schirmherr der Entschuldungskampagne im Heiligen Jahr 2000 internationale Beachtung gefunden hat. In diesem Zusammenhang nennt Boberski auch einen Österreicher, den Erzbischof von Wien, Christoph Schönborn, der als Sekretär des Redaktionskomitees für den Weltkatechismus weltweit aufgefallen ist. Von den Afrikanern wird Francis Arinze aus Nigeria genannt, der Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog. Über einen hohen Bekanntheitsgrad unter den Kardinälen verfügt schließlich der Belgier Jan Pieter Schotte, langjähriger Generalsekretär der Bischofsynode, der sechs Sprachen fließend spricht.

Das sind nur einige Splitter aus dem Buch über die nächste Papstwahl, das reichhaltiges Informationsmaterial und sehr viele Anregungen für eigenes Weiterdenken bietet.

DER NÄCHSTE PAPST.

Von Heiner Boberski. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Otto Müller Verlag, Salzburg 2001, 312 Seiten, geb.

öS 262,-/e 19,04

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung