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Leib und Seele

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Arznei für Leib und Seele. Von Georg Volk. Verlag Josef Knecht, Carolusdruckerei, Frankfurt am Main. 195 Seiten.

„Psychosomatische Medizin” ist die moderne Bezeichnung für eine Richtung, die den Kranken zugleich vom Leibe und der Seele her heilen will, die der Leib-Seele-Einheit der menschlichen Person Rechnung trägt. Der Verfasser sieht in der Krankheit eine Störung der Ordnung dieser Einheit; als Arzt und Christ zugleich, weiß er um die seelsorgerische Mitverantwortung des Arztes. Die Bezeichnung „ärztliche Seelsorge” vermeidet er als Kompetenzüberschreitung.

Jede Krankheit stellt auch die Frage nach dem Zusammenhang von Krankheit und Schuld. Die Frage ist mit der nach persönlicher Schuld nicht ausgeschöpft. Die Deutung der Krankheit als „Signal” reicht noch nicht aus, das Geheimnis des kranken Menschen zu enthüllen. Aber das Kranksein erhält einen Sinn und wir werden fähig, selbst zur Heilung beizutragen. Eine wichtige Rolle spielt der verantwortliche Wille zur Gesundheit. Sehr Tiefes weiß der Verfasser zum Thema „Kranke besuchen” zu sagen. Er schildert ferner die heilsamen Einflüsse der Freude aber auch der Traurigkeit, dann die Ueber- windung der letzteren. Bedeutsames enthält das Kapitel „Vom Sinn und Wert des Fastens”. Entspannung und Sammlung; Heilatmung und Schlaf sind weitere wichtig t Kapitel für die persönliche Hygiene. „Richtig schlafen” — auch dafür bedarf es einer guten Anweisung.

Schulderleben und Gewissen. Beitrag zu einer personalen Tiefenpsychologie. Von Heinz Häfner. Ernst-Klett-Verlag, Stuttgart. 182 Seiten. Preis 11.80 DM.

Wenn die Psychoanalyse versucht hat, die Tatsache des Gewissens zu „verpsychologisieren” und auf ein fragwürdiges „Ueber-Ich” zu reduzieren, so ruft das Buch des Verfassers demgegenüber zur Besinnung. Es ist nur schade, daß er in Stil und Sprache eine tiefe Abhängigkeit von der Existenzphilosophie verrät, die die Sprache stellenweise unerträglich macht; zumindest für den. der auf dem (altmodischen?) Standpunkt steht, daß die Sprache dazu dient, seine Gedanken den Mitmenschen mitzuteilen und verständlich zu machen. Es ist stellenweise ein pseudophilosophischer „Jargon”, in den die Gedanken verhüllt und damit verdunkelt werden; das setzt den Wert des sicher bedeutsamen

Buches herab — wenigstens für den, der die Moderichtung des Stiles nicht mitmacht, der Klarheit und innere Wahrheit fordert. Wenn der Verfasser zum Beispiel schreibt: „Aufgabe der Tiefenpsychologie ist es, Wege zu öffnen, die nicht nur zum rationalen Begreifen, sondern zum existentiellen Innewerden führen”, so ist das eben „existentieller” Jargon. So wird Neurose zur „Störung der Erlebnisverarbeitung”, die Familie zum „Beziehungshintergrund” ; mit dem Problem der Verantwortlichkeit der Entscheidung ist „das ganze Problem der Psychotherapie im Ansatz aufgerissen”; ob „Angstmöglichkeiten in einem existentiell gelebten Dasein verwirklicht werden”, hängt mit der Frage zusammen, wie weit „das Ich Maß und Werthintergrund des Handelns” ist. Die Angst wird mit Heidegger definiert als „Grundbefindlichkeit” menschlicher Existenz usw.

Dabei hat der Verfasser, wie auch die von ihm mitgeteilte eindrucksvolle Kasuistik (S. 78 bis 128) zeigt, uns wirklich Bedeutendes zu sagen. Wieviel wirkungsvoller könnte er dies tun, wenn er sich der klaren Sprache der Scholastik und ihres ausgeschliffenen Begriffssystems bedienen würde!

Zivilisation und Sexualität. Von Karl Sailer. Heft 5 von „Geschlechtsleben und Gesellschaft. Beiträge zur Sexualpädagogik”, herausgegeben von H. G i e s e. F. Enke, Stuttgart. 88 Seiten. Preis 8 DM.

Der Verfasser ist der bekannte Anthropologe der Universität München. Er bemerkt einleitend: „Die Zivilisation unserer Zeit hat für die Sexualität besondere Bedingungen geschaffen. Sie sind derart, daß sie zum Ende unserer Kultur führen, wenn sie nicht gewandelt werden — wie ähnliche Bedingungen auch am Untergang alter Kulturen teilhatten.”

„Wir stehen vor der Tatsache, daß alles sich emanzipiert”; der Verfasser verweist auf die „Emanzipation” der farbigen Völker von den Weißen, der Jugend von den Erwachsenen, der Frau von der Vorherrschaft des Mannes — „womit sich konsequenterweise eine Emanzipation der Sexualität überhaupt abspielt”. Zur Lösung der komplizierten Problematik erscheint dem Verfasser nur eine „Ganzheitsanthropologie” fähig. — Die Entwicklung unserer Jugend zeigt ein Mißverhältnis zwischen Akzeleration der körperlichen und Retardation der geistigen Reife. Dazu treten sozial bedingte Einwirkungen, die neben einer Häufung von Sexualneurosen auch ausgesprochene Sexualsucht zeitigen. Weiter schildert der Verfasser die bevölkerungsbiologischen Folgen der verbreiteten Geburtenbeschränkung. Zum Problem „Landflucht” weist er auch auf die Eroti- sierung der Atmosphäre in den Großstädten hin. Zum Problem „Gleichberechtigung” führt er aus: „In Wirklichkeit ist die Forderung nach absoluter •Gleichberechtigung’ der Frau nicht nur biologischer, sondern auch sozialer Unsinn” (S. 78). Ohne Ordnung und Normen kann kein Mensch und keine Gemeinschaft von Menschen leben. Daher ist feste Fundierung der Ehe und Familie nötig. „Familienpolitik kann nur dann mit Aussicht auf Erfolg be- rtrieben werden, wenn dienöffentliche Meinung ‘eine richtige Vorstellung von der Familie und ihrer-Lage in der Gegenwart hat” (S. 83). „Erkenntnis der Natürlichkeit der Sexualität und ihrer Konsequenzen kann und muß dazu berufen sein, die Unnatur der Zivilisation zu wandeln und damit Bedingungen zu schaffen, die ein Weiterleben unserer Kultur ermöglichen.”

Grundlagen der Geschlechtserziehung. Von Hans Müller-Eckhard. Ernst-Klett-Verlag, Stuttgart. 259 Seiten.

Der Verfasser des problemreichen Buches „Die Krankheit, nicht krank sein zu können” versucht hier eine Auseinandersetzung mit den Grundproblemen der Sexualpädagogik. Mit Recht wendet er sich gegen alle Versuche, mit den Methoden der Ftagebogenstatistik (Kinsey) der fehlgeleiteten Sexualität Herr zu werden. Der Weg zur sinnvollen Geschlechtserziehung, das heißt zu wirklicher Be- meisterung der Triebforderungen, geht nach dem Verfasser nur über die Erziehung zu einer echten Liebefähigkeit, zu selbstlosem Aufopfern ichbezogener Triebansprüche zugunsten eines Zieles. Daß eine solche Zielsetzung nicht ohne echte Gottesliebe möglich ist, weiß der Verfasser überzeugend nachzuweisen. Besonders lesenswert sind die Kapitel 9 (Die geschlechtliche Unordnung), 12 (Der latente Manichäismus), 18 (Das Problem der Koedukation), 20 (Die Pädagogik und die Seelsorge der Jugendliebe), 22 (Das Geschlechtliche in Beichtpraxis und Seelsorge), 24 (Verlust der marianischen Eigenart der Menschenseele). Damit ist die Beziehung der behandelten Fragen zur Pastoral medizinsowie zur Pastoral theo1ogie klar und sauber herausgearbeitet.

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