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Steuergesetze sollen den Wohnbau fördern

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Von der Öffentlichkeit nicht mit gebührender Aufmerksamkeit verfolgt, sind in den letzten Wochen nunmehr auch von der Steuergesetzgebung Wege beschritten worden, die die Wohnbautätigkeit nach Kräften fördern und einen begründeten Anreiz für die Freimachung von Privatmitteln für Wohnzwecke bieten sollen. Die österreichische Finanzverwaltung folgt damit einer bewährten österreichischen Tradition, die schon in dem Arbeiterwohnungsgesetz vom 8. Juli 1892 und in dem Gesetz betreffend Begünstigungen für Gebäude mit gesunden und billigen Arbeiterwohnungen vom 8. Juli 1902 ihren Ausdruck gefunden hat.

Die drei neuen Gesetze, die sich damit befassen, sind: das Bundesgesetz vom 11. Juli 1951 betreffend Grundsätze über eine zeitliche Befreiung der Grundsteuer für Neu-, Zu-, Auf-, Um-und Einbauten, das „Investitionsbegünsti-gungsgesetz 1951“ vom 20. Juli 1951 und das Steueränderungsgesetz 1951,

Das Grundsteuerbefreiungsgesetz

stellt ein Grundsatzgesetz dar, das noch der ergänzenden Ausführungen durch die einzelnen Landesgesetze bedarf. Nach ihm sind Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten von der Grundsteuer sowie von anderen Abgaben, die von den Ländern und Gemeinden vom Gebäudebesitz oder vom Aufwand für Wohn- und gewerbliche Räume zukünftig eingehoben werden, zeitlich befreit. Als Stichtage gelten der 1. Jänner 1948 beziehungsweise für gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und

Siedlungsvereinigungen der 1. Jänner 1946; vor diesem Termin fertiggestellte Bauten werden nicht in die Befreiung einbezogen. Grundsteuerzahlungen müssen noch bis zum 1. Jänner 1952 geleistet werden, erst ab diesem Zeitpunkt ist die Befreiung möglich.

Das Investitionsbegünstigungs-gesetz 1951

gibt, wie schon das Investitionsbegünsti-gungsgesetz 1949, die Möglichkeit, zu Lasten der Gewinne der Wirtschaftsjahre

1951 und 1952 steuerfreie Rüdciagen zu bilden. Das neue Gesetz kennt dreierlei Arten von Investitionsrücklagen, und zwar die Investitionsrücklage I (nach dem Investitionsbegünstigungsgesetz 1949), die Investitionsrücklage II (die Investitionsbegünstigung des neuen Gesetzes) und schließlich die Investitionssonderrücklage, die für die Anschaffung oder Herstellung von Wohnraum für Arbeitnehmer eine besondere steuerfreie Rücklage bildet.

Die Begünstigung der Investitions-sonderrüdclage besteht darin, daß neben oder an Stelle der Investitionsrücklage II, für die Anschaffung oder Herstellung von Wohnhäusern für die Arbeitnehmer oder für die Errichtung von Wohnungen für die Arbeitnehmer in betriebseigenen Gebäuden steuerfrei eine besondere Rücklage zu Lasten der Gewinne 1951 und

1952 gebildet werden kann. Dabei dürfen die Zuweisungen an die Investitionsrücklage II 15 Prozent und die Zuweisungen an die Investitionsrücklage II und an die Investitionssonderrücklage in den einzel-

nen Wirtschaftsjahren zusammen 25 Prozent des Gewinnes nicht übersteigen.

Für den Begriff „Wohnhaus für Arbeitnehmer“ sieht das Gesetz folgende Bedingungen vor:

1. Mit der Bauführung der Gebäude darf nicht vor dem 1. Jänner 1951 begonnen worden sein.

2. Mindestens 85 Prozent der benutzbaren Fläche der Gebäude müssen Wohnzwecken gewidmet sein.

3. Die Grundfläche der einzelnen Wohnungen darf einschließlich der Nebenräume das Ausmaß von 80 Quadratmetern nicht übersteigen.

4. Die Gebäude müssen ausschließlich zur Unterbringung von Arbeitnehmern des betreffenden Steuerpflichtigen dienen.

5. Kein Arbeiter, der in einem solchen Gebäude untergebracht ist, darf mehr als eine Wohnung erhalten.

Von wesentlicher Bedeutung ist die weitere Bestimmung, daß auch nicht rückzahlbare Zuwendungen an gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen als bestimmungsgemäße Verwendung sowohl der Investitionsrücklage II als auch der Investitionssonderrücklage gelten. Es können also auch für Zuwendungen von Industrieunternehmungen an gemeinnützige Wohnungsvereinigungen für den Bau von Arbeiterwohnungen steuerfreie Rücklagen gebildet werden.

Diese gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen sozial verantwortlichen Unter-

nehniur.gen nunmehr, Zuwendungen zur Förderung des Arbeiterwohnungsbaues zu machen und den Bau von Industriesiedlungen in die Wege zu leiten.

Eine wichtige Unterstützung und Förderung der Bauwerber .wurde in dem

Steueränderungsgesetz 1951

beschlossen. Danach sind neben Beiträgen an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen auch mindestens fünfjährig gebundene Beträge, die an gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen zur Schaffung von Wohnraum geleistet werden, sowie Rückzahlungen von Darlehen aus öffentlichen Fonds, die zur Errichtung eines den Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes vom 29. Februar 1940 entsprechenden Wohnhauses aufgenommen wurden, und schließlich Beträge, die zur Errichtung oder Erlangung von Eigentumswohnungen aufgewendet wurden, wenn diese Eigentumswohnungen den Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes entsprechen, als Sonderausgaben zu werten. Diese Sonderausgaben sind nur auf Antrag des Arbeitnehmers für die Berechnung der Lohnsteuer auf der Lohnsteuerkarte von dem zuständigen Finanzamt als

Abzugspost zu vermerken und werden für die Berechnung der Lohnsteuer vom Arbeitslohn abgezogen. Sie dürfen allerdings den Jahresbetrag von 2500 S nicht übersteigen, der sich um folgende Beträge erhöht:

für die Ehefrau um 600 S

für den ersten Angehörigen (Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie, Verwandte zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie, Verschwägerte zweiten Grades in der Seitenlinie, Adoptiveltern und Adoptivkinder, Pflegeeltern und Pflegekinder) um 300 „ für den zweiten Angehörigen um 400 „ für den dritten Angehörigen um 600 „ für den vierten Angehörigen um 800 „ für den fünften und jeden weiteren Angehörigen um je 1000 „

Damit wird auch den einzelnen Bauwerbern die Erfüllung ihrer Verpflichtungen und das Sparen der notwendigen Baugelder erleichtert.

Diese vom Nationalrat beschlossenen drei Gesetze leiten eine neue Periode der Wohnbauförderung in Österreich ein. Sie können bei richtiger Anwendung eine wertvolle Förderung der Wohnbautätigkeit bewirken.

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