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Notwendige Organisationsformen der österreichischen Forst- und Holzwirtschaft

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Die österreichische Forst- und Holzwirtschaft läßt mit allen Sparten, die diesem Wirtschaftskreise angehören, ein in sich geschlossenes Ganzes mit zahlreichen Verflechtungen der Wirt-schaftsentwicklung erkennen. Dennoch liegen die Verhältnisse hinsichtlich der behördlichen Zuständigkeiten doch wesentlich uneinheitlicher und schwieriger. Die Forstwirtschaft gehört zum Ressort des Land- und Forstwirtschaftsministeriums. Sobald der Holzstamm aber vom Stocke getrennt ist, bildet das Holz das Objekt für den Handel und die technische Verarbeitung und •fällt damit in die Ressortzuständigkeit zum Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau. Analog sind die Zuständigkeiten in den gesetzlichen Interessenvertretungen für diesen Wirtschaftskreis gegliedert. Jedoch noch inso-ferne komplizierter, als für die forstlichen Belange die Landwirtschaftskammern der Bundesländer allein zuständig sind, während für den gewerblichen Sektor die Bundeskammer als übergeordnete gesetzliche Bundesorganisation alle Sparten der gewerblichen Holzwirtschaft in sich vereinigt. Durch die Errichtung der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Oesterreichs haben sich die Land- und Forstwirtschaftskammern eine freiwillige Dachorganisation geschaffen.

Die umfangmäßige Ausrichtung der forstlichen Organisation ist mehr oder weniger einheitlich und in allen Bundesländern gleich. Dagegen sind die Gliederungen im Rahmen der gewerblichen Holzwirtschaft bei weitem nicht so homogen, sondern der Natur der Sache nach sehr vielgestaltig. Im Ganzen gesehen aber sind die Verflechtungen und Berührungen der einzelnen Sparten miteinander wohl in keinem Wirtschaftskreise so tiefgehend wie in der Forst-und Holzwirtschaft.

Die Entwicklungsdauer der Holzerziehung zum Roh- und Werkstoff „Holz“ erstreckt sich bei den meisten Holzarten auf einen 80- bis über lOOjährigen Zeitraum und erfordert daher, wie in keiner anderen Wirtschaftssparte, die Wahrnehmung aller Beobachtungen und Tendenzen, die auf die Brauchbarmachung und weitestgehende Ausnützungsmöglichkeit des späteren Ernteproduktes abzielen. Selbst bei jenen Holzarten, die in einem früheren Reifezeitpunkt, etwa nach zwanzig bis dreißig Jahren, zur Ernte gelangen, ist es genau so erforderlich, daß die Erfahrungen der Verbraucher mit jenen der Erzeuger dauernd abgestimmt werden. Der Säger und der Furnierindustrielle geben dem Forstmann laufend ihre Wünsche, etwa bezüglich Starkholzerziehung und Längenausformung, im Zeitpunkt der Produktion des Holzes bekannt. Die Starkholzerziehung muß aber jahrzehntelang dem Zeitpunkt der Holznutzung vorausgehen. Analog liegen die Verhältnisse bei der Zelluloseindustrie gegenüber dem Waldbesitzer. Auch bei der Erzeugung von Grubenholz, Telegraphenstangen und Masten muß ein ständiger Kontakt zwischen dem Rohholzerzeuger und Verbraucher unterhalten werden.

Die einzelnen Ablaufstufen der forst- und holzwirtschaftlichen Erzeugung laufen nicht getrennt ab, sondern überschneiden sich in einem solchen Ausmaß, daß vielfach eine Trennung gar nicht erfolgen kann. Sägebetriebe, desgleichen Zelluloseindustrien, erwerben häufig das Holz vom Waldbesitzer am Stock. Solcherart übernimmt die Industrie die Schlägerung, Rückung, Bringung und den Transport des Holzes mit eigenem Personal und Maschinenbestand. Aufgaben, die sonst der Forstwirtschaft zufallen, werden von den nächsten Ablaufstufen übernommen. Dies geschieht aber nicht nur bei größeren Industrien, sondern auch beim Gewerbe in zahlreichen Fällen. Tischler, Zimmerleute erwerben für ihre Wirtschaftszwecke das Holz am Stock. Der Instrumentenmacher sucht sich im Walde jene Stämme aus, die er später als Ton- und Klangholz verwertet.

Das gleiche tun auch Furnierfabriken und Plattenwerke. Durch diese Verflechtung und Ineinanderschiebung der Interessen ist eine Verbindung zwischen den einzelnen Sparten geradezu von gesetzmäßiger Notwendigkeit und viel inniger als Außenstehende beurteilen können.

In gleicher Weise tritt aber ebenso die Forstwirtschaft mit verschiedenen Nebenbetrieben in die Sphäre der Weiterverarbeitung des Holzes ein. Dem Forstbetriebe sind vielfach Sägewerke, auch Plattenwerke, Holzschleifereien, Pappenfabriken, angegliedert. Dadurch tritt wieder der Forstbetrieb in die Sphäre der industriellen Erzeugung.

Durch diese Interessenverflechtung entwickeln sich für die verschiedenen Sparten zahlreiche gleiche Probleme:

a) Alle Sparten sind in gleicher Weise an den Lohnfragen für die gemeinsamen Arbeitsgebiete und b) an der technischen Entwicklung der Erzeugungseinrichtungen, der Maschinen, Transportmittel, Werkzeuge usw. interessiert und daher gehalten, auf das intimste auf diesen Gebieten zusammenzuarbeiten.

c) Das Tarifwesen der öffentlichen Verkehrseinrichtungen, die Zölle usw. berühren alle Sparten in gleicher Weise.

d) Die Forschung und das einschlägige Fachunterrichtswesen sind für alle diese Sparten einheitlich ausgerichtet.

e) Es ist daher nur zu selbstverständlich, daß alle diese Sparten wesentlich daran interessiert sind, eine einheitlich ausgerichtete Forst- und Holzpolitik zu betreiben und in der großen Politik durchzusetzen.

f) Was hier für das Inland gesagt wurde, gilt in analoger Weise auch für die Wahrnehmung der Interessen auf internationaler Ebene. Die forst- und holzwirtschaftliche Organisation muß also berufen sein, die gemeinsamen Interessen aller Sparten der Forst-und Holzwirtschaft auch analog wie in der Heimat in den internationalen Organisationen, so der FAO, der ECE und der OECE zu vertreten.

Selbstverständlich bestehen zwischen den einzelnen Sparten auch divergierende Interessen. Zur Wahrnehmung der Sonderinteressen jeder Sparte bestehen an sich in den Kammerorganisationen die zu deren Vertretung berufenen zuständigen Verbände, Innungen usw. Nach diesen Interessengegensätzen eine einheitliche Organisation zur Vertretung der gemeinsamen Interessen zu negieren, wäre ganz fehl gedacht. Gerade diese Interessengegensätze bieten zahlreiche Veranlassungen, die Abstimmung auf eine einheitliche Linie anzustreben, was ja heute im Rahmen des BHWR ständig geschieht.

Aus den obigen Darlegungen geht hervor, daß bei allen Sparten viel Wesentliches gleichartig ist und daher die Interessen der verschiedenen Sparten untereinander vielfach gemeinsamer Natur sind, ja die gemeinsamen Interessen überwiegen bei weitem die divergierenden. Weiters muß abgeleitet werden, daß die gemeinsamen Beziehungen der einzelnen Sparten der Forst-und Holzwirtschaft auch eine gemeinsame Organisation erfordern, der die Aufgabe zusteht, die gemeinsamen Angelegenheiten systematisch zu erheben, nach außenhin zu vertreten und so der Gesamtheit zu dienen. Sie muß eine Querverbindung der verschiedenen Ressorts und zwischen den beiden Kammern herstellen. Diese Notwendigkeit tritt um so stärker hervor, je mehr sich das Organisationswesen der Wirtschaft entwickelt und durch Selbstverwaltung an der öffentlichen Verwaltung teilnimmt.

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