Erinnerung als Mutmacher

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Mit seinem Buch "Im Sprung gehemmt“ (1998) ist Helmut Krätzl zum vielgelesenen und -gefragten Konzils-Interpreten geworden. Und zum Mutmacher für viele, die am kirchlichen Retrokurs irre werden. Dass der bald 81-Jährige nun das Buch "Das Konzil - ein Sprung vorwärts“ verfasst hat, ist - trotz des Titels - mitnichten eine Abkehr von seinem bisherigen Kurs. Einmal mehr setzt sich der emeritierte Wiener Weihbischof für die Errungenschaften des II. Vatikanums ein. Einmal mehr gelingt es ihm, durch seine zugängliche Sprache, die Brücke zwischen theologischen Erkenntnissen und einer zeitgenössischen Übersetzung dazu zu schlagen.

Dass das Konzil einerseits den Bewahrern, die jedenfalls in Rom (aber nicht nur dort) sitzen, zum Opfer zu fallen droht, aber auch in seinen Möglichkeiten viel zu wenig genützt wird (nicht zuletzt von den Ortsbischöfen), argumentiert Krätzl unverblümt.

Streit um Pius-Brüder

In fünf Kapiteln macht er sich diese Anliegen zu eigen: Das Buch geht mit dem Nachweis, dass dessen Gegner in der Kurie saßen (und sitzen!) gleich in medias res. Das zieht sich von der Konzilsankündigung durch Johannes XXIII. Anfang 1959 bis zu den Bemühungen des gegenwärtigen Pontifex hin, die Piusbrüder, die das II. Vatikanum bekanntlich rundweg ablehnen, beinahe um jeden Preis in die Kirche zurückzuholen.

In einem zweiten Schritt stellt Krätzl die für ihn die spektakulärsten Neuerungen des Konzils (Kirchenbild, Liturgie, wiederentdeckte Bibel, neue Sicht auf die Ehe, Ökumene, Verhältnis zum Judentum, Religionsfreiheit) dar, um dann darüber zu sprechen, was davon längst nicht ausgeschöpft ist. Die "Verpflichtung“ zur Kollegialiät werde etwa von Rom wie von den Bischöfen selbst nicht wahrgenommen. Auch die vom Konzil gleichfalls wieder "katholisch“ gemachte Rede vom "gemeinsamen Priestertum“ aller Getauften habe viel zu wenig Früchte getragen. Engagiert und konzis argumentiert der bischöfliche Autor auch die sogenannten "heißen Eisen“ der Kirchenreform durch und beklagt, wie wenig da zurzeit weitergeht.

Besonderen Akzent legt Krätzl aufs Verhältnis von kirchlichem Lehramt und Theologie, dem er ein eigenes Kapitel widmet. Auch hier ist für ihn das II. Vatikanum eine beispielhafte Richtschnur (vgl. dazu auch Krätzls Beitrag auf Seite 21 dieser FURCHE).

Dass der Bischof zum Schluss dann "spirituelle Impulse“ aus den Konzilstexten anbietet, zeigt, dass es ihm auch in seinem neuen Buch um deren positive Rezeption und nicht um ein bloß resignatives Resümee geht.

Kurzum: Einmal mehr ein echter Krätzl.

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