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Zum Phänomen des Politischen

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DIE MACHT ALS MYTHOS UND ALS WIRKLICHKEIT. Von Arnold Bergstroesser, au dem Nachlaß herausgegeben von Carl Rothe. Verlag Rombach, Freiburg. 192 Selten, DM 12.80. — UBER AUTORITÄT. Von Theodor Eschenburg, edition Suhrkamp, Band Nr. 129, 182 Selten, S 22.20.

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DIE MACHT ALS MYTHOS UND ALS WIRKLICHKEIT. Von Arnold Bergstroesser, au dem Nachlaß herausgegeben von Carl Rothe. Verlag Rombach, Freiburg. 192 Selten, DM 12.80. — UBER AUTORITÄT. Von Theodor Eschenburg, edition Suhrkamp, Band Nr. 129, 182 Selten, S 22.20.

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Versucht man, dem Politischen in seinen Wesenskem zu folgen, stößt man auf Begriffe, die oft verwendet, aber nur selten gedeutet werden. „Macht“ ist wohl der wichtigste dieser Begriffe, „Autorität“ ein weiterer. Zwei der bekanntesten Politologen Deutschlands, der im Vorjahr verstorbene Arnold Bergstraesser und der vor allem mit verfassungspolitischen Werken hervorgetretene Ordinarius der Universität Tübingen, Theodor Eschenburg, versuchten eine solche Deutung.

Bergstraessers zu einem Buch zusammengefaßten Vorträge zum Thema „Macht“ spannen einen Bogen über die interessantesten neuzeitlichen Theoretiker dieses Themas. Weniger eine abstrahierte „Macht“ steht im Mittelpunkt des Deutungsversuches, mehr Staat und Gesellschaft unter dem besonderen Blickwinkel des zu deutenden Begriffes. Der Autor beginnt bei Jacob Burckhardt, der den Ursprung des Staates in der Gewalt sieht, die Lebensfähigkeit des Staates aber in der Umwandlung der Gewalt in ordnende Kraft. Alexis de Tocqueville versteht die Entwicklung der modernen Demokratie als eine (begrüßte) Tendenz zur Gleichheit. Marx, der die Ordnung (d. i. Macht) der Zukunft von Entwicklungstendenzen und -gesetzen, nicht von Ideen ablesen will, wird Sorel gegenübergestellt, der die Gewalt der „Direkten Aktion“ mit einem Mythos umgibt und dessen Metaphysik in einem

eigenartigen Kontrast zu dem einen Anspruch auf absolute Rationalität erhebenden Vater des „wissenschaftlichen Sozialismus“ steht. Max Weber liefert eine soziologische, auf die Funktion abgestellte, wertfreie Definition: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstrebende durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Paretos oft mißverstandene Theorie der Eliten und Alfred Webers „Entökonomisderung“ des Staates bringen neue Aspekte. Alle diese Theorien bringt Bergstraesser im Schlußkapitel auf eine andere Ebene: Die Macht der Staaten reduziert sich auf die Macht des Menschen, der diese seine Macht zum Frieden oder Krieg benützten kann.

Bei Bergstraesser besticht die Brillanz der Sprache, bei Eschenburg die Akribie, mit der er der Begriffswandlung der „Autorität“ durch die Jahrhunderte nachforscht. Die römische Republik, der Prinzipat und der Dominat, das Frühchristentum und das Mittelalter, Luther, der Absolutismus und die Demokratie: Alle Systeme beeinhalten einen bestimmten Autoritätsbegriff. Einen besonderen Platz räumt Eschenburg den christlichen Denkern ein, das komplexe Verhältnis des Marxismus zur Autorität kommt hingegen etwas zu kurz. Wenn auch Augustinus an 1164 Stellen sich mit der „Autorität“ auseinandersetzt und Marx diesen Terminus eher meidet, so ist dieses Mißverhältnis eine bloße Frage der Terminologie und nicht des Begriffsinhalts. Aber Eschenburg beschränkt sich bewußt auf das Wort „Autorität“, er versagt es sich auch, ein Resümee zu ziehen: So liefert Eschenburgs Untersuchung letztlich keine Deutung, sondern Deutungen, historisches Material, Anreiz zum Fortsetzen.

Burgen und Ruinen

DIE BURGEN IM UNTEREN INNTAL. Von Elisabeth Bracharz. Universitätsverlaß Wagner, Innsbruck 1966, 218 Seiten Text, 16 Bildtafeln.

Die vorliegende Arbeit, die in der von Univ.-Prof. Dr. Otto R. v. Lutterotti herausgegebenen Schriftenreihe „Innsbrucker Beiträge zur Kunstgeschichte“ sowie in den Schlern- schriften erschienen ist, stellt eine schon lange fällige Ergänzung zu Josef Weingartners Bearbeitung der Südtiroler Burgen dar. Elisabeth Bracharz befaßt sich in ihrem Buch

— es handelt sich dabei um die verkürzte Dissertation der Verfasserin

— eingehend mit den achtzehn mit Sicherheit festgestellten Burgen im Unterinntal, wobei die bewohnten Burgen gleichermaßen berücksichtigt werden wie die Ruinen. Auch die Ruinen mit nicht mehr faßbarem Grundriß, die vermuteten Burgstellen sowie die mittelalterlichen Klausen und Schanzen des Gebietes erfahren eine g-wissenhafte Bearbeitung. — Neben dem Baubefund, der in zahlreichen, gut gelungenen Abbildungen, Grundrissen und Skizzen festgehalten wird, hat sich die Verfasserin auch mit den historischen Belangen und den Besitzverhältnissen der einzelnen Objekte beschäftigt und auch versucht, die jeweiligen Bauepochen zu rekonstruieren. — Die Arbeit von Elisabeth Bracharz bedeutet demnach eine wertvolle Bereicherung der Literatur über tirolische Kultur und Kunst, wird aber darüber hinaus die Beachtung eines jeden beanspruchen, der an der Burgenkunde und an der mittelalterlichen Kunst und Geschichte interessiert ist. Dr. H. Mackowitz

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