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Die Mitte als Programm

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REPUBLIKANISCHE MITTE. Von Kurl Skalni k. Überlegungen und Überzeugungen. Europa-Verlag. Wlen-Franfefurt-Zürich, 1966. 252 S.

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REPUBLIKANISCHE MITTE. Von Kurl Skalni k. Überlegungen und Überzeugungen. Europa-Verlag. Wlen-Franfefurt-Zürich, 1966. 252 S.

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Eine brauchbare Geschichte der geistigen und politischen Auseinandersetzungen der Zweiten Republik existiert bisher nicht. Fast will es scheinen, als ob der vorliegende Sammelband von Kurt Skalnik ein Baustein für eine solche Darlegung des Ringens um ein festes geistiges Fundament unseres Staates sein könnte. Skalnik besitzt dafür zwei Voraussetzungen: Er ist Historiker aus der Schule der Wiener Universität und engagierter politischer Publizist. Der Mittelpunkt seiner Arbeiten ist das Österreich seit 1945 in seinen vielfältigen Krisen in der tiefgreifenden, oft dem oberflächlichen Leser der Tageszeitungen nicht merkbaren Auseinandersetzung um ein geistiges Leitbild der Gegenwart. Ein solches Ringen, das Skalnik immer wiederum als mutigen Streiter seiner Überzeugung sah und sieht, geht nicht kampflos vor sich und hat dem Verfasser von den verschiedensten Seiten Angriffe eingetragen, die in den dubiosen Begriffen des „Linkskatholiken“, des „Antideutschen“ und wie die gängigen Allgemeinbezeichnungen so oft noch lauten mögen münden. Wer jedoch die vorliegenden Arbeiten genauer liest, wird sehen und erkennen, daß es diesem Vertreter der Kriegsgeneration um zwei große Fragen geht: Die Verwurzelung dieses Staates, den so manche sich selbst erst nach 1945 als Österreich erarbeiteten und erkämpfen mußten inmitten der Realität der heutigen Weltsituation, ferner die absolute Klarheit des Standpunktes inmitten der österreichischen Ge schichte, deren Kontinuität nicht durch fatale Daten, wie 1918, 1934 oder 1938, unterbrochen werden kann. In der Schule Friedrich Funders gereift, merkt man sehr deutlich, wie aus dem jungen Studentenjournalisten des Jahres 1945, der sich damals persönlichst für die verlorene Generation der Bürgerkriegszeit einsetzte, der gewichtige staats- politische Redakteur dieses Blattes heranwächst, der sich nicht nur dem Tagesereignis verpflichtet weiß. Deshalb sind unter manchen zeitgebundenen Arbeiten die Auseinandersetzung mit antidemokratischen Strömungen aller Art die fein ziselierten Studien dieses Buches wohl die wertvollsten. Oft nur Buchrezensionen, wie das musterhafte Porträt eines Engelbert Dollfuß oder eine Wertung De Gasperis, all das wird ein Gesamtbild, dessen Dominante unüberhörbar Mahnung und Besinnung zugleich enthält. Der Wissenschaftler in Skalniks Schriften kann nicht übersehen werden, so etwa bed seinem profunden Vortrag vor der Steirischen Akademie 1964 über das diffizile Problem der österreichischen Nation, einer der wertvollsten Beiträge zu dieser Diskussion, die so oft unsachlich in diesem Land geführt wird. Audi die souveräne Wertung der verschiedenen Ereignisse der jüngsten, leidvollen Geschichte Österreichs zeigt uns, daß hier nicht nur der ehrlichste Wille zu einem Brük- kenschlag zwischen Rechts und Links die Feder führt, sondern auf Grund der exakten Erkenntnisse der historischen Forschung die Wurzeln der tragischen Jahre von 1920 bis 1934 in allen politischen Gruppen und Persönlichkeiten gesucht werden. Es ist zu hoffen, daß dieser Sammel- band eines Tages eine Fortsetzung finden möge in einer Darstellung der Geistesgeschichte der 2. Republik.

sind doch das Land mit der längsten Tradition der Politischen Wissenschaft. Bringt von der Gablentz in seinem Lehrbuch eine Dreiteilung der Politischen Wissenschaft in „Funktionslehre“, „Institutionslehre“ und „Entscheidungslehre“, so dominiert in amerikanischen Lehrbüchern (dem Rezensenten liegt „The Governing of Men — An Introduction to Political Science“ von Austin Ran- ney vor) fast ausschließlich die Institutionslehre. Dieser Teil ist eben der empirisch faßbarste; in den anderen Bereichen verbirgt sich für den Geschmack der amerikanischen Sozialwissenschaften allzu deutlich die Ge fahr eines bloß spekulativen Theore- tisierens. Aber von der Gablentz weicht dieser Gefahr immer mit Erfolg aus; nie kommt er auch nur in die Nähe jenes wissenschaftlichen Stils, der die politische Wirklichkeit durch Nachschlagen in irgendwelchen „heilgen Büchern“ (seien es Plato und Aristoteles, seien es Marx und Engels) zu erklären sucht. Dieser Umstand tritt zu den anderen Vorzügen des Buches, und so ist dieses Lehrbuch ein Grund mehr, die eigentlich schon provinziell wirkenden Vorbehalte geigen die Politische Wissenschaft in Österreich endgültig aufzugeben. Anton Pelinka.

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