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Das Internet wird zunehmend überwacht - nicht nur in Diktaturen, sondern auch in Demokratien. Viele sehen bereits die Pressefreiheit gefährdet.

Welch ungeheure Euphorie hatte das Aufkommen des Internets doch ausgelöst: Endlich gab es einen völlig unkontrollierbaren Raum, in dem jeder Erdenbürger publizieren konnte, was er wollte. Die totale Meinungsfreiheit, die sich über Grenzen, über Regime, über politischen und wirtschaftlichen Druck hinwegsetzen konnte. Allein: Diese Meinungsfreiheit währte nicht lange. Denn abgesehen davon, dass das Internet auch Tummelplatz für die unkontrollierte Verbreitung von Kinderpornos oder für Terroristen und Rechtsextreme ist, wird die viel gelobte Freiheit im weltweiten Netz immer weiter beschnitten. Vor allem seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurden die Rechte von Internet-Nutzern, Website-Betreibern und Online-Journalisten zunehmend eingeschränkt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Organisation "Reporter ohne Grenzen", die die Pressefreiheit im Internet in 60 Ländern untersucht hat. Der Kampf gegen den Terrorismus ist Anlass für eine Reihe von Maßnahmen: Viele Regimes sehen durch den freien Informationsfluss im Internet ihr eigenes Nachrichtenmonopol gefährdet.

Blockierte Seiten überall

In China - mit 80 Millionen Internet-Usern weltweit die Nummer zwei hinter den USA - wird das Internet als wichtiger Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung gesehen. Gleichzeitig aber werkt das chinesische Regime am Bau einer mächtigen digitalen chinesischen Mauer. Sensible Themen wurden aus Diskussionsforen entfernt, etwa persönliche Mini-Seiten, die tausende Chinesen für politische Kommentare nutzten. Intelligente Filter lassen die Chinesen nur an jene Seiten kommen, die die Regierung "freigibt". Nirgendwo sitzen so viele Menschen (62) hinter Gitter, weil sie im Internet ihre Meinung äußerten.

In anderen Ländern, etwa auf Kuba, ist der Verkauf von PCs streng reglementiert, so dass man sich einen aufwändigen Kontroll-Apparat von vornherein erspart. In Saudi-Arabien, im Iran, in Tunesien oder in Turkmenistan blockieren die Behörden die Webseiten von unabhängigen Zeitungen, fremden Religionen oder von Menschenrechtsorganisationen. In der Türkei wurden Ende 2003 die Besitzer von 15.000 Internet-Cafés aufgefordert, Filter für bestimmte Inhalte zu installieren. Im Land unterm Halbmond, das sich für einen EU-Beitritt qualifizieren will, laufen zwei Drittel der Webnutzung über solche Internet-Cafés.

Aber auch in westlichen Demokratien sieht die Organisation "Reporter ohne Grenzen" die Meinungs- und Pressefreiheit im Netz gefährdet. Gut sei zwar die Bekämpfung von Kinderpornografie, Terroristennetzwerken oder Rechtsextremismus, doch wären viele Maßnahmen nicht mit bestehenden Gesetzen abgeglichen worden. "Inzwischen ist die Freiheit im Internet gesetzlich oft weniger geschützt als die Pressefreiheit in den traditionellen Medien", kommt der Bericht zum Schluss.

In den seit dem 11. September 2001 hoch sensibilisierten USA erlaubt der 2001 ins Leben gerufene Patriot Act die Kontrolle von Verdächtigen durch das FBI - unter anderem mit Spionagesoftware und Überwachung des E-Mail-Verkehrs. Das Land der Freiheit ist dabei, sich selbst ad absurdum zu führen. "Das ist konkrete Zensur", befand auch der ehemalige OSZE-Botschafter Freimut Duwe in einem Interview in der aktuellen Ausgabe des Branchenblattes "Der österreichische Journalist". Duwe weiter: "Der Patriot Act erlaubt, bestimmtes Verhalten gesetzlich zu kontrollieren. Buchverkäufer wurden angehalten, der Geheimpolizei mitzuteilen, wenn ein Kunde ein Bush- oder regierungskritisches Buch gekauft hat. An den Unis werden kritische Professoren notiert. Das ist eine schreckliche Situation, die es so in den USA noch nicht gab."

Geheimdienst gegen Hacker

Auch in Deutschland dürfen Geheimdienste und Polizei seit Anfang 2002 auf eine Vielzahl von Daten zugreifen, darunter auch auf den E-Mail-Verkehr. Innenminister Otto Schily forderte 2003 ein Gesetz, wonach sämtliche Internetprovider die Daten ihrer User mindestens ein Jahr lang speichern müssten.

Und in Österreich? Major Gerald Hesterer, Pressesprecher des Bundeskriminalamtes: "Auch wir gehen gegen Delikte wie Kinderpornografie, Hacker und sonstige kriminelle Handlungen vor". Ein umfassendes Ausspionieren finde aber nicht statt. "Selbstverständlich machen wir gegen die Presse gar nichts", beruhigt Hesterer. Dennoch: Ein investigativer Journalist dürfe so lange investigativ sein, "solange er das Gesetz nicht bricht. Das gilt auch für das Internet."

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